Mischa – vertrieben, vergessen, verstoßen (Noah Fitz, 2022, Kampenwand-Verlag)

Mischa – vertrieben, vergessen, verstoßen (Noah Fitz, 2022, Kampenwand-Verlag)

„Schnell! Packt eure Sachen und verschwindet von hier! Die kommen, um euch zu holen!“ (aus ‚Mischa vertrieben‘

Seit über 1000 Jahren leben Deutsche in Russland. In den Ausläufern des Mittelalters werden gezielt deutsche Fachleute ins Land geholt und man errichtet eine deutsche Vorstadt in Moskau. Insbesondere unter Peter dem Großen (1672-1725) arbeiten sie in verantwortlichen Posten in allen Bereichen. 1763 lädt die Zarin Katharina II. in ihrem Manifest zur Ansiedlung ein und etwa 30.000 deutsche Zuwander*innen siedeln sich im Wolgagebiet an. Die zweite große Einwanderungswelle folgte 1804 unter Zar Alexander I. im Schwarzmeergebiet. Doch ab 1871 wendet sich das Blatt für die Deutschen. Es gibt Volkszählungen, Privilegien werden aufgehoben und viele wandern aus in die USA. Im Ersten Weltkrieg dienen die Deutschen neben den Russen zunächst in der zaristischen Armee, jedoch kommt es dort auch schon vermehrt zu Pogromen gegen Deutsche. Zwischen den Kriegen spitzt sich die Lage immer weiter zu, die in der Sowjetrepublik entstandene deutsche Infrastruktur wird aufgelöst und es kommt zu Deportationen und Ermordungen. 1941 scheint man dann endgültig alle sogenannten ‚Russlanddeutschen‘ loswerden zu wollen. Es gibt einen Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets über die Deportation der Deutschen aus der Wolgarepublik. In etwa 700.000 Menschen werden infolgedessen nach Sibirien oder Kasachstan deportiert, wo es weder Nahrungsvorräte, noch ärztliche Versorgung gibt. Die Deportieren werden entweder in Arbeitslager gebracht oder bei der ortsansässigen Bevölkerung untergebracht, wo sie häufig auf deren Höfen arbeiten mussten. Sie leisten Schwerstarbeit – oder sterben. Der Krieg gegen Russlanddeutsche geht mit dem Weltkriegsende nicht zuende und bis 1956 sterben rund 300.000 Russlanddeutsche.

Dieses Schicksal, deportiert zu werden, weil die Vorfahren irgendwann mal aus Deutschland nach Russland gekommen sind und obwohl man fließend russisch spricht und dort aufgewachsen ist, ereilt auch Johanna und ihre Kinder. Im Oktober 1941 muss sie zusehen, wie ihr Zuhause in Flammen aufgeht, gibt jede Hoffnung auf, ihren Mann wiederzusehen und wird mit vier ihrer fünf Kinder aus der Heimat vertrieben. Sie werden mit anderen Deutschen zu einem Bahnhof eskortiert, von wo aus sie brutal in Viehwaggons abtransportiert werden. Wohin der Zug fährt und was mit den Kindern geschehen soll, sagt ihr keiner, aber sie kann es sich denken …

Wow, diese Trilogie ist echt ganz schön harter Lesestoff. Zunächst durch Johanna und dann durch Mischa, ihren Sohn, erlebt der Leser ihr Schicksal. Parallel gibt es auch einen zweiten Handlungsstrang, denn es gibt noch einen Sohn, Alexander, der zum Zeitpunkt der Deportation in der Armee war …

Der Autor schafft es, durch die detaillierte Beschreibung der Protagonisten den Leser mitleiden, -lieben, -weinen und -verzweifeln zu lassen. Hautnah erlebt man mit, was Mischa und seinen Geschwistern widerfährt, wie sie sich durchkämpfen und zusammenhalten. Ich musste das Buch zwischendurch weglegen, weil ich einen Moment zum Durchatmen brauchte, da es nicht so einfach zu verkraften ist, was man dort liest. Aber ich fand es super! Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mich mit der Thematik der Russlanddeutschen noch nicht sonderlich viel beschäftigt, aber diese Trilogie bringt einem ihr Schicksal wortwörtlich unter die Haut. Ich fand es sehr spannend, durch die Augen eines Kindes die Ereignisse mitzuverfolgen und habe mal wieder ganz neu gelernt, was Verantwortung, Zusammenhalt, Liebe und Familie bedeuten kann und wie diese Sachen in der Lage sind, dich auch in den schlimmsten Zeiten am Leben zu halten.

Ich kann ausnahmslos eine absolute Empfehlung aussprechen, sofern ihr bereit seid, euch mit der harten und zum Teil wirklich brutalen Realität auseinanderzusetzten. Wenn das der Fall ist und euch dieses Kapitel interessiert, dann greift zu!

Lena

Restart (Gordon Korman; 2017 – Scholastic)

Restart (Gordon Korman; 2017 – Scholastic)

Stell dir vor, du wachst ohne Erinnerungen auf. Du erkennst weder deine eigene Familie, noch kennst du deinen eigenen Namen. Was würdest du tun?

Als der 13-jährige Chase in einem Krankenhaus aufwacht, kann er sich nur noch ans Fallen erinnern. Leider muss er erfahren, dass er sich bei dem darauffolgenden Aufprall nicht nur den Arm gebrochen und eine Gehirnerschütterung zugezogen, sondern auch sein Gedächtnis verloren hat. Amnesie nennen das die Ärzte. Zum Glück kann er sich an normale Dinge erinnern, wie beispielsweise, dass man zur Schule geht oder wie man Football spielt. Allerdings hat er alles, was ihn persönlich betrifft, vergessen. Nicht mal seine eigene Familie kann er erkennen.

Als er wieder zur Schule geht, muss er feststellen, dass jeder eine Meinung zu ihm hat. Wer sind seine Freunde? Warum kennen ihn alle? Nach und nach findet er heraus, dass er vor dem Sturz kein wirklich netter Mensch war. Doch wie kann man sich für Dinge entschuldigen, wenn man sich nicht mal erinnern kann, sie getan zu haben? Ist es überhaupt möglich, ein neuer Mensch zu werden, wenn einen alle ständig mit seinem alten Ich vergleichen?

Shoshanna kann es nicht fassen. Chase Ambrose, der Junge, der ihren Bruder so sehr gemobbt hat, dass dieser die Schule wechseln musste, soll nett geworden sein? Erst hat er mit Brendan, einem anderen seiner Opfer, Mittag gegessen und ihm sogar beim Drehen eines Kurzfilms geholfen, und jetzt soll er auch noch Mitglied des Video-Clubs werden? Bald muss sie feststellen, dass Chase sich wirklich sehr verändert hat. Doch ist das überhaupt möglich? Und was, wenn er gar nicht wirklich Amnesie hat? Denn ein Vorfall lässt sie daran zweifeln…

Die Storyline dieses Romans hat mir sehr gut gefallen. Gordon Korman hat mich häufig an den Punkt gebracht, mich zu fragen, wie ich in der Situation gehandelt hätte. Die Geschichte ist aus der Ich-Perspektive geschrieben, wechselt aber zwischen Chase, Shoshanna, Brendan und weiteren Charakteren. Die vielen Perspektiven helfen dabei, ein eigenes Bild von den Situationen zu entwickeln und ein differenzierteres Bild von den Personen aufzubauen. Das Buch ist noch nicht auf Deutsch erschienen, im Englischen aber leicht verständlich geschrieben. Obwohl der Protagonist erst 13 ist, richtet es sich an keine bestimmte Altersgruppe – die geschilderten Erfahrungen sind einfach interessant.

Majlis

Was wäre eure erste Reaktion, wenn ihr mit Amnesie aufwacht? Welche Meinung der Hauptcharaktere könnt ihr am besten nachvollziehen?

Maze Runner (James Dashner, 2009; The Chicken House – Verlag)

Maze Runner (James Dashner, 2009; The Chicken House – Verlag)

„Dich zu retten war es wert, das zu verlieren, was zwischen uns war.“ (aus „Die Auserwählten in der Brandwüste)

Thomas ist ein Licht. Aber als er in der Box aufwacht und sich an nichts außer seinem Namen erinnern kann, ist er zunächst einmal verwirrt und verzweifelt. Um ihn herum stehen die anderen Lichter, die eine Gruppe von rund fünfzig Jungs im Teenageralter sind und sich so nennen, da sie auf der Lichtung wohnen. Thomas wird zunächst sehr nett aufgenommen und Chuck, der jüngste kümmert sich rührend um ihn. Neben Chuck lernt Thomas auch schnell Alby, den Anführer und Newt, quasi den Stellvertreter von Alby kennen. Die Lichter leben seit zwei Jahren auf der Lichtung, die von einem riesigen Labyrinth umgeben ist, aus dem sie schon seit zwei Jahren versuchen, einen Ausgang zu finden. Diese Aufgabe haben die Läufer übernommen, deren Anführer Minho ist und von denen Thomas sofort fasziniert ist.

Am nächsten Tag sind jedoch alle Lichter aus dem Häuschen, da unerwartet ein im Koma liegendes Mädchen auf der Lichtung ankommt, die das Ende voraussagt. Von da an sind die meisten Thomas gegenüber misstrauisch und es gilt umso schneller einen Weg aus dem Labyrinth zu finden und vor ANGST zu fliehen. ANGST, so vermuten die Lichter, ist die Organisation, die sie gefangen hält.

Die Trilogie ist unfassbar spannend zu lesen! Ich war am Anfang etwas skeptisch, aber in jedem Kapitel passiert etwas und manchmal würde man das Buch am liebsten in die nächste Ecke schmeißen. Mich hat fasziniert, wie James Dashner eine Welt mit so vielen Facetten und Figuren kreiert hat und wie real alles für mich wirkte. Die Kapitel sind recht kurz und es ließt sich sehr schnell, wodurch ich wirklich durch die Geschichte geflogen bin. Aber man kann auch nicht mehr aufhören, da es im Roman keine Brüche gibt. Das fand ich toll! Ich habe beim Lesen gelacht und geweint und ich habe das Buch geliebt und gehasst. James Dashner hat es geschafft, alle meine Emotionen in einer Trilogie zu vereinen und das hat mich beeindruckt.

Außerdem hat mich gerade der dritte Teil sehr zum Denken angeregt, da ich mir überlegt habe, wie ich mich in der Geschichte verhalten hätte. Alle die, die das Buch gelesen haben, werden wissen was ich meine …

Ich kann die Reihe allen Fantasy-Liebhabern empfehlen und bin gespannt auf die Prequels zur Reihe, denn dort erklärt sich hoffentlich einiges …

Lena

Ganz ehrlich – wie hättet ihr euch am Ende an Thomas Stelle verhalten? Hättet ihr schießen können? Und hättet ihr den Mut gehabt, Läufer zu werden und euch den Griewern zu stellen? Schreibt es in die Kommentare und vielleicht habt ihr auch ein Lieblingszitat? Ich bin gespannt! 😊