Das Labyrinth von London (Benedict Jacka; 2018 – blanvalet)

Das Labyrinth von London (Benedict Jacka; 2018 – blanvalet)

Bei der Bezeichnung Wahrsagerin erscheint bei mir das Bild einer älteren Frau, die mithilfe einer Glaskugel und Karten etwas über meine Zukunft voraussagt. Ein Ende 20-Jähriger aus London hingegen würde mir nicht in den Sinn kommen. Doch genau das ist Alexander Verus: Ein Magier, genauer gesagt ein Wahrsager. Das heißt, dass er sich anders als andere Magier*innen nicht an andere Orte porten kann oder keine Angriffe ausüben kann. Trotzdem verfügt er über die größte Macht: Wissen

Eigentlich lebt Alex wie ein ganz normaler Mensch. Er wohnt in Camden und besitzt einen kleinen Laden, in dem er Zauberartikel verkauft. Aber natürlich keine echten. Die verwahrt er lieber bei sich. Denn hinter den Kulissen spielt sich ganz schön viel ab. Normale Menschen können das nicht wahrnehmen. Alex erklärt, dass es verschiedenen Stufen des magischen Talents gibt. Über den Menschen stehen die Empfindsamen. Sie spüren Magie, können sie aber oft nicht richtig einordnen. Erst die Adepten, die über den Empfindsamen stehen, können die Magie auch beeinflussen. Wenn auch nur unbewusst. Sie haben dann beispielsweise mehr „Glück“ als andere. Erst wenn man Magie gezielt einsetzen kann, gilt man als Magier*in.

Eine von Alex besten Freundinnen, Luna, befindet sich irgendwo zwischen Empfindsamer und Adeptin. Mehr über Magie lernt sie allerdings erst, als drei Ereignisse am selben Tag passieren:

Erstens: Luna findet einen roten Würfel, der ihr nicht ganz geheuer ist und bei Berührung aufleuchtet.

Zweitens: Alex erhält von vier verschiedenen Personen aus zwei verschiedenen Gruppierungen ein Angebot, sich ihrer Gruppe anzuschließen und ihnen bei der Suche nach einem magischen Artefakt zu helfen. Der Haken an der Sache: Drei von vier drohen ihm mit dem Tod, sollte er das Angebot ausschlagen.

Drittens: Alex erhält eine Einladung zu einem Ball des Rates, der Spitze der Magiervereinigung. Luna soll ihn begleiten, da auch sie auf einmal durch ihren Fund in Gefahr schwebt. So trifft Luna an diesem Tag zum ersten Mal auf magische Geschöpfe sowie auf weitere Magier neben Alex. 

Ehe die beiden sich versehen, stecken sie viel zu tief in den Angelegenheiten anderer drin, um sich gefahrlos daraus befreien zu können. So bleibt ihnen vorerst nichts anderes übrig, als mit dem Strom zu schwimmen und Zeit zu schinden, bis sie einen eigenen Plan gefasst haben.

Benedict Jacka hat einen wunderbar fesselnden Roman geschrieben. Obwohl sich die Handlung nur in einem kurzen Zeitraum abspielt, schafft er es mit vielen Details und Rückblicken, dass man intensiv miterlebt und es nicht langweilig wird. Besonders gut haben mir die Beschreibungen davon gefallen, auf welche Art Alex in die Zukunft blickt. Benedict Jacka hat es so logisch und realitätsnah geschrieben, dass man sich kurz fragt, warum das im echten Leben nicht funktioniert. Ein weiterer Aspekt, der mir gefallen hat, ist Alex‘ Vergangenheit, die immer wieder angedeutet, aber erst nach und nach enthüllt wird. Ich kann den Roman vor allem empfehlen, wenn man Fantasy mag, aber trotzdem auch gerne einen Bezug zu der normalen Welt hat. 

Majlis

Würdet ihr auch gerne in die Zukunft gucken können? Oder ist euch das zu viel Verantwortung? 

Die Buchspringer (Mechthild Gläser; 2015 – Loewe Verlag)

Die Buchspringer (Mechthild Gläser; 2015 – Loewe Verlag)

Eigentlich wollte Amys Mutter Alexis nie auf die schottische Insel Stormsay zurückkehren. Eigentlich… Denn nach der Trennung von ihrem Freund flüchten sich Amy und sie genau dort hin.

Auf der Insel wird Amy quasi von neuen Erkenntnissen überrumpelt: Sie ist nicht nur Mitglied der Familie Lennox, sondern kann aufgrund dieses Erbguts in Bücher eintauchen! Allerdings nur innerhalb eines bestimmten Steinkreises auf der Insel. Zudem muss sie Unterrichtsstunden im Buchspringen nehmen, zusammen mit Will und Betsy Macalister, die aus der einzigen anderen Familie stammen, die das Buchspringen beherrscht. Obwohl Betsy ziemlich nervig ist, mag Amy die Unterrichtsstunden. Immerhin hat sie schon immer davon geträumt, in Bücher eintauchen zu können. Außerdem teilen die Drei sich nicht ein Buch, sondern erkunden die Welt der Bücher getrennt voneinander. Amys „Übungsbuch“ ist „Das Dschungelbuch“. Nach kurzer Zeit merkt sie aber, dass sie, auch wenn sie ins Dschungelbuch springt, andere Geschichten besuchen kann. Bald hat sie sich mit Werther (ja, der von Goethe 😉 ) und Shir Khan angefreundet und tourt mit den beiden durch die Bücherwelt, anstatt sich mit ihren Übungsaufgaben im Dschungelbuch zu beschäftigen …

Diese neugewonnenen Freunde braucht sie aber auch: Nachdem Will geheimerweise Sherlock Holmes mit in die „normale Welt“ genommen hat, ist Sherlock nämlich verschwunden und wird ein paar Tage später tot am Strand gefunden. Auf diesen Schock folgt eine Reihe seltsamer Zufälle, bis Amy und Will bemerken, dass die „Ideen“ aus wichtigen Geschichten gestohlen werden, wie zum Beispiel, dass Alice aus dem Wunderland auf das Kaninchen trifft. Gemeinsam versuchen sie, die Ideen zurückzubekommen, weil deren Fehlen die ganze Bücherwelt ins Wanken bringt. Doch wer klaut die Ideen? Und warum? Und was hat es mit dem Weinen eines Kindes auf sich, das nachts aus dem Moor über Stormsay schallt?

Der Roman hat mich total begeistert. Ich habe mir schon immer gewünscht, in Bücher eintauchen zu können (wer nicht?) und so konnte ich mich ziemlich gut in Amy hineinversetzten. Das Buch ist spannender, als ich gedacht hätte und es werden immer mal wieder kleine Hinweise in verschiedene Richtungen gegeben, sodass man sehr gut miträtseln kann und dabei immer wieder in unterschiedliche Richtungen gelenkt wird. Das Ende des Buches hat mich irgendwie überrascht, weil ich es so gar nicht erwartet hätte. Ich kann dieses Buch allen Leseratten empfehlen 😉

Majlis

Wolltet ich auch schon mal in eure Lieblingsbücher eintauchen? Was habt ihr geglaubt, wer hinter dem Ideenraub steckt? Schreibt es in die Kommentare 🙂