Tales of Sylt (Alexandra Flint, 2023, Loewe-Verlag)

Tales of Sylt (Alexandra Flint, 2023, Loewe-Verlag)

„[Das war] mein neues Lebensmotto. Mutig sein. Etwas riskieren. Chancen nutzen. Denn manchmal … musste man eben etwas wagen, um zu gewinnen.“

Die „Tales of Sylt“ sind Geschichten über junge Erwachsene, die sich mit ihrem Eintritt in das Leben nach der Schule auf ihre ganz eigene Weise finden und vielleicht auch ein Stück neu kennenlernen müssen. Was sie vereint? Na klar, die Nordseeinsel Sylt. Aber eigentlich geht es noch um etwas anderes: Es geht um Freundschaft. Es geht um eine Freundesgruppe, die der sichere Hafen für jede der Mädchen ist. Sie hören den anderen zu, unterstützen sich und helfen einander. Eine Freundschaft, die unbezahlbar ist. Witzigerweise schreibe ich diese Zeilen gerade im Zug auf dem Rückweg von einem Kurztrip nach Sylt. Warum erzähle ich das? Tja, Alexandra Flint hat mir beim Lesen das Gefühl gegeben, selbst dort zu sein, so richtig. Man hatte von Anfang an den Eindruck, die Orte zu kennen. Die Strände, Oma Eddas Leuchtturm, das Bernsteinglühen, den Hafen von Munkmarsch, die Menschen, die Gemeinschaft derer, die genau das leben. Um ehrlich zu sein kannte ich selbst die Insel (im realen Leben😉) bis vor kurzem eher wenig, aber auf meinen beiden letzten Ausflügen konnte ich nachvollziehen, was in den Büchern beschrieben und verarbeitet ist. Dieser Insel-Zauber, der die Mädchen verbindet und den sie weitertragen …

Kein Horizont zu weit
Leni kennt Raffael seit ihrer Kindheit. Doch vor fünf Jahren ist er spurlos von der Insel verschwunden, nachdem er bei einem verheerenden Brand seinen Vater und Bruder verlor. Nun, da das Familienhotel neu aufgebaut werden soll, ist er plötzlich wieder auf der Insel, um den Prozess zu überwachen. Leni beschließt, das Ganze erst einmal aus der Ferne zu beobachten, allerdings hat sie nicht damit gerechnet, dass sie und ihr Vater mit ihrer Werft direkt am Wiederaufbau beteiligt sein würden. Eine gute Chance, um mit Raffael ins Gespräch zu kommen – doch der scheint weder mit Leni noch mit der Insel etwas zu tun haben zu wollen. Ihn zieht es zurück …

Kein Sturm zu nah
Elisa lebt bei ihrem Vater in Australien und scheint dort das perfekte Leben zu haben. Doch dann fliegt sie nach einem Skandal aus dem Schwimmteam der Uni und es ist fragwürdig, ob sie ihr Medizinstudium wird fortsetzen können. Hals über Kopf kehrt sie in ihre Heimat Sylt zurück, wo sie in erster Linie die Geborgenheit der Freundinnen sucht. Nicht rechnen tut sie damit, dass ihr ausgerechnet der Profikiter Jonah Falk als erstes über den Weg läuft. Er lebt für das Kiten, stürzt sich in jeden noch so schlimmen Sturm – und vergisst, dass es auch Grenzen gibt. Sein Ruf ist nicht der beste, doch steckt hinter diesem irren Kiten eventuell noch mehr?

Kein Ozean zu tief
Für Lou steht fest, wie ihr Leben aussieht: Sie studiert das Ingenieurswesen und wird irgendwann in die Firma ihrer Eltern einsteigen. Doch nach einer zum wiederholten Mal vermasselten Prüfung beschließt sie zum Leidwesen ihrer Eltern kurzerhand dem perfekten Plan den Rücken zu kehren und ihrer Schwester nach Sylt zu folgen. Ist das vielleicht ihre Chance, ihrem Hobby, dem Travelblogging, eine Chance zu geben, mehr zu werden? Aber wie lebt man vom Reisen und Bloggen? Ist das nicht zu schön, um wahr zu sein?
Kein anderer als der bekannte und erfolgreiche Travelblogger Kai Hansen wurde diesbezüglich gerade auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Er ist Extremfotograf – und es ist etwas schief gegangen. Nun braucht er definitiv ein Image-Make-Over und bietet ausgerechnet Lou eine Kooperation an.
Die beiden, die bezüglich des Reisens unterschiedlicher nicht sein könnten, beschließen, gemeinsam loszuziehen. Doch was haben sie außer ihren Klamotten noch im Gepäck? Wird Kai Lou jemals zeigen, was er noch so mit sich rumschleppt, was ihn nachts nicht schlafen lässt?

Liebe Alexandra, zu hast mich inspiriert. Inspiriert dazu, mutig zu sein, etwas zu riskieren und Chancen zu nutzen. Und dazu, nach Sylt zu fahren. Die kleinen Dinge zu genießen, von Freundschaften zu zehren und nach vorne zu schauen. Füreinander da zu sein, zu lachen und das Leben nicht immer ganz so ernst und dramatisch zu nehmen. Die „Tales of Sylt“ haben mich raus aus der Uni, hinein in eine Welt voller offener Türen geführt.
Aber gleichzeitig gefällt mir noch etwas anderes so unglaublich gut. Ich habe das Gefühl, du kennst die Insel wirklich. Und damit meine ich vor allem, du kennst die Menschen. Denn Sylt ist für viele eine Insel voller Klischees, aber du hast in deinen Büchern Themen verarbeitet, die die Menschen dort beschäftigt, die wir manchmal gar nicht so sehen. Was kommt nach dem Schulabschluss – muss ich von der Insel gehen? Was passiert mit den Leuten, die ich so gut kenne, kann ich irgendwann dorthin zurückkehren? Was heißt eigentlich „Zuhause“? Aber auch diese ganz besondere Art von Gemeinschaft. Meine Freundin hat mir neulich gesagt: „Sylt ist ein Dorf.“ Und irgendwo hat sie recht und genau das hast du wunderbar und leicht transportiert.

Also kommt alle mit auf eine Reise nach Sylt (in mehrerlei Hinsicht 😉)!

Lena

Wart ihr schonmal auf der Insel? Wie habt ihr die Gemeinschaft wahrgenommen? Und seid ihr vielleicht schonmal an dem ein oder anderen Ort gewesen?

10 Tage im Herzen der Ferne (Nico Mateew; 2021, self-publisher)

10 Tage im Herzen der Ferne (Nico Mateew; 2021, self-publisher)

„Wer wenig braucht ist frei.“ (Zitat aus ‚10 Tage im Herzen der Ferne‘)

Was macht man, wenn man einen gut bezahlten und sicheren Job in einer großen Firma hat, der einen aber eigentlich nicht erfüllt? Und woran merkt man das? Ist es einem plötzlich klar oder ist es ein Prozess, in dem man immer unzufriedener wird?

Nico Mateew beschreibt diesen Vorgang und die Flucht daraus in seinem Buch „10 Tage im Herzen der Ferne“. Zunächst wird die Entwicklung des Managers in der besagten Firma beschrieben, in der er sich zunehmend die Frage stellt, ob es überhaupt jemand merken würde, wenn er plötzlich nicht mehr da wäre … Auf einer Reise in Bulgarien beschließt er, für 10 Tage rauszukommen und wegzufahren. Doch wohin?

Das Ziel wird Albanien. Und weil er nicht einfach nur Urlaub machen möchte, sucht er sich zwei Begleiter, mit denen er einen Film drehen möchte – eine Dokumentation über ein unbekanntes Land, seine Menschen und deren Küche. Doch einmal in Albanien angekommen funktioniert sein Plan plötzlich nicht mehr so, wie er es sich vorgestellt hat und auch er muss lernen, sich auf das Land einzulassen. Bei diesem Prozess entstehen spannende, interessante, lustige und bewegende Gespräche, die einen Albanien von seiner ganz eigenen Seite kennenlernen lassen …

Dieses Buch thematisiert sehr anschaulich und verinnerlichend die Wirkung von Vorurteilen. So besteht ja häufig zum Beispiel ein gewisses Misstrauen gegenüber der Bevölkerung der in manchen Teilen etwas weniger entwickelten osteuropäischen Länder, jedoch ist es eigentlich so, wie Jetmir im Buch sehr treffend formuliert: „Die Gedanken sind frei, und derjenige, der kompliziert denkt, ist ein Problem für sich selbst, andere wissen ja nicht, dass man schlecht über einen denkt.“

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich einen Augenblick gebraucht habe, um die Geschichte gerne zu mögen, denn der Alltag in der Firma hat sich sehr gezogen. Aber letztendlich war es genau das, was am Ende diese besondere Wirkung hervorgerufen hat. Man soll Vorurteile begraben, offen für Neues sein und den Tag leben und nutzen, das ist die Nachricht von diesem Buch. Mateew schreibt in seinem Nachwort ein Zitat von Sir Philip Anthony Hopkins auf: „Keiner von uns kommt hier lebend raus. Also hört bitte auf, euch als Nebensache zu betrachten. Esst köstliches Essen. Spaziert im Sonnenschein. Springt in den Ozean. Sagt die Wahrheit und tragt eure Herzen auf der Zunge. Seid albern. Seid nett. Seid komisch. Für nichts anderes ist Zeit.“

Habt ihr so auch schonmal gedacht? Dann lest unbedingt dieses Buch! Habt ihr nicht so gedacht? Lest das Buch trotzdem! Denn es öffnet einem wirklich die Augen und man lernt nochmal die ein oder andere Seite von sich selbst kennen …

Lena

Und? Wer hat Lust, nach Albanien zu fahren? Und ging es euch auch schonmal so in einem Land?

Café Hanoi (Fernando Boner; 2021 – Verlag am Rande)

Café Hanoi (Fernando Boner; 2021 – Verlag am Rande)

„Raus in die große weite Welt!“ – diesem Satz kann man sehr unterschiedlich begegnen. Mit Vorfreude, mit Angst oder vielleicht mit beidem zugleich?

Die junge Schweizerin Amy lebt schon ihr ganzes Leben lang in der Kleinstadt Salenz. Einerseits fühlt sie sich dort inzwischen eingeengt und möchte aus dem Schema der immer gleichen Tage mit den immer gleichen Menschen an den immer gleichen Orten ausbrechen. Andererseits hat sie keine Idee, wie sie das tun soll, und traut sich auch nicht so richtig, die vertraute Heimat hinter sich zu lassen. Bis sie auf Jasmyn trifft. 

Jasmyn lebt eigentlich als erfolgreiche Modedesignerin in Vietnam, hat aber kürzlich herausgefunden, dass sie eigentlich aus Salenz stammt. Als sie in die Schweiz reist, um ihre Vergangenheit besser kennenzulernen, erfährt sie von Amys Zwiespalt und lädt sie kurzerhand ein, für einen Monat als ihre Assistentin mit nach Hanoi in Vietnam zu kommen.

Vietnam ist für Amy eine ganz neue Erfahrung. Sie lernt nicht nur das Leben außerhalb ihrer Heimat zu schätzen, sondern entdeckt auch eine ganz neue Seiten und verborgene Talente an sich selbst. Vietnam möchte sie nicht wieder verlassen, und so verlängert sie ihren Aufenthalt. Doch dann geschehen mehrere Dinge, die ihr neues Leben ins Wanken bringen und nicht nur Amys Gesundheit, sondern auch ihre Freundschaft zu Jasmyn gefährden.

Das Konzept des Romans hat mir sehr gut gefallen. Fernando Boner erzählt eine sehr motivierende und inspirierende Geschichte. Allerdings bin ich mit dem Schreibstil nicht ganz warm geworden, da am Anfang zwar Amy selbst erzählt, aber sobald sie nach Vietnam kommen und es interessant wird, erzählen Jasmyn und ein paar andere. Amys Perspektive kommt nur noch indirekt vor. Zwar erfährt man immer noch von ihren Gedanken und Gefühlen, aber nur weitererzählt von ihrer Freundin. Zudem hat mich das Ende etwas verwirrt, da das Buch mitten in der Handlung abbricht. Toll fand ich, dass die Geschichte in Hanoi von Tag zu Tag erzählt wird und damit gut Amys anfangs unbeschwertes Leben dort verdeutlicht, aber auch die schrittweise Entwicklung ihrer Probleme und Verwicklungen spürbar wird.

Majlis

Hättet ihr Jasmyn begleitet? Hattet ihr auch schon einmal das Gefühl, euer Leben verändern zu müssen?

Ein ganzes halbes Jahr (Jojo Moyes, 2015, Rowohlt-Verlag)

Ein ganzes halbes Jahr (Jojo Moyes, 2015, Rowohlt-Verlag)

„Wieso hast du das Recht, mein Leben zu zerstören, und ich darf bei deinem nicht mitreden?“ (Lou in „Ein ganzes halbes Jahr“)

Louisa Clark ist 26 Jahre alt und wohnt zusammen mit ihren Eltern, ihrem Großvater und gelegentlich ihrer Schwester (inklusive deren Sohn) in einem kleinen Haus in Stordford unterhalb der Burg. Sie hat einen Freund, Patrick und arbeitet in einem kleinen Café, um ihre Familie finanziell zu unterstützen. Bekannt ist sie für ihren etwas eigenen Modestil, sie trägt gerne auffällige Farben und Second-Hand Kleidung. Louisa führt ein ruhiges Leben, in dem sie so weit eine Zukunft haben könnte. Doch eines Tages verkündet ihr Chef ihr, dass das Café schließen muss und sie ist schneller ihren Job los als sie gucken kann.

Louisa braucht also schnellstens einen neuen Job, da es ihrer ja so intelligenten Schwester unmöglich ist, der Familie zu helfen. Da es aber quasi keine Jobs in ihrer Umgebung gibt, ist sie gezwungen, einen Pflegejob im Grant House auf der anderen Seite der Burg anzunehmen.

So trifft Louisa auf Will. Will Trainor, Anfang dreißig, war einst ein erfolgreicher Unternehmer. Doch nach einem Unfall hat ihn eine fast vollständige Lähmung in den Rollstuhl verbannt. Er ist Tetraplegiker und weiß, dass sein Leben nie mehr so wird wie früher einmal. Aber ihm ist auch bewusst, dass er dieses Leben unter keinen Umständen führen will. Lou soll ihm im Alltag helfen, klar, wenn man weder Hände noch Füße noch sonst irgendwas bewegen kann wird es alleine auch schwierig. Aber ist das wirklich ihr einziger Job? Und warum geht ihr Arbeitsvertrag nur sechs Monate lang? Kann Louisa es schaffen, Will zu zeigen, wie schön das Leben sein kann? Kann sie ihm sein Leben wieder lebenswert machen?

Oh meine Güte, dieser Roman ist so lustig und traurig, schön und grausam, abstoßend und zum Verlieben – es ist die volle Portion an Gefühlen. Jojo Moyes hat ein wunderbares Werk verfasst, in dem sie den Wert des Lebens wunderbar hervorhebt. Louisa ist ein Mensch, den jeder von uns in seinem Leben gebrauchen könnte – immer lebensfroh und nie unterzukriegen (auch wenn sie von sich selbst etwas anderes denkt). Ich bewundere sie und denke mir jetzt so manches Mal, dass ich auch gerne ein bisschen so wäre wie sie.

Dieser Roman hat mir aber auch die Augen geöffnet. Wie kann es sein, dass sich ein Tetraplegiker nichts mehr wünscht als zu sterben? Was macht unsere Gesellschaft falsch? Diese Fragen habe ich mir beim Lesen gestellt und nicht selten habe ich Muster aus meinen Erfahrungen wiedererkannt. Es muss nicht ausschließlich Louisas auf unserer Erde geben, aber ein kleiner Hauch ihrer würde niemandem schaden – und dabei spreche ich von Kleinigkeiten, wie zum Beispiel, dass man sich über nichts mehr freut als über eine … – lest den Roman selber, es lohnt sich! Dass man echt etwas mitnimmt, merkt man kaum, denn es ist auch einfach nur lustig zwischendurch.

Ich habe den Roman als Hörbuch gehört und kann auch diese Fassung total empfehlen! Er wird gelesen von Luise Helm und es ist genial, wirklich! Und was noch genialer ist – es gibt noch einen zweiten und einen dritten Band! 😊

Lena

Und? Über was hat sich Louisa zu ihrem Geburtstag so gefreut? Und wie dachtet ihr, dass die Geschichte ausgeht?

Leaving the frame – eine Weltreise ohne Drehbuch (Maria Ehrich; 2019 – Ullenstein)

Leaving the frame – eine Weltreise ohne Drehbuch (Maria Ehrich; 2019 – Ullenstein)

„Wie viel man doch verändern konnte, wenn man sich einfach nur traute den ersten Schritt zu machen.“ 

Maria Ehrich ist mit ihrem Beruf und Leben als Schauspielerin eigentlich glücklich, aber plötzlich wird ihr bewusst, dass sie nur noch ihren Alltag von Tag zu Tag lebt. Deshalb ist sie sofort Feuer und Flamme, als ihr Freund Manu ihr eine Reise vorschlägt. Eine lange, sehr lange Reise.

Beim längeren Nachdenken packen sie Zweifel: Was wird aus Freunden, Familie und Job? Trotzdem trauen sich die beiden und machen sich auf den Weg. Ursprünglich geplant sind Kenia, Hawaii, Mexico und Norwegen. Später entscheiden sie sich gegen Norwegen und für die USA. Ihr Ziel: „Wir wollen auf unserer Reise Menschen finden, die ein völlig anderes Leben führen als wir. Menschen, die sich für etwas einsetzten, etwas tun, etwas zurückgeben, wovon die meisten Leute auf dieser Welt keine Ahnung haben. Menschen, die groß denken und die Welt auf ihre Art ein bisschen besser machen, und – wir wollen einen Film darüber drehen.“

Allerdings haben sie nicht nur einen Film gedreht, sondern Maria hat auch ein Buch geschrieben. Es geht natürlich um die Reise, aber vor allem um die besonderen Begegnungen der beiden. Ob nun eine Nonne aus Kenia, die ganz alleine Waisenkinder großzieht, oder ein Holocaust-Überlebender in den USA. Die beiden treffen auf viele beeindruckende Menschen mit noch beeindruckenderen Geschichten. Dabei lernen sie auch, dass nicht immer alles kommt wie geplant, aber dass das okay ist. Für so eine Reise brauchen die beiden viel Mut und häufig müssen sie Ängste überwinden.

Ich finde es so beeindruckend, was sich die beiden getraut haben. Nicht nur die Idee hinter der Geschichte, sondern auch die Umsetzung ist echt gut gelungen: Der Film ist mitreißend. Mit tollen Aufnahmen, die auch im Buch sehr eindrücklich beschrieben werden. Allerdings bin ich froh, zuerst das Buch gelesen zu haben. Dort gibt es deutlich mehr Hintergrundinformationen. Außerdem hat es sich echt gut angefühlt, mit hinter die Kulissen genommen zu werden und auch von den Momenten ohne Kamera zu erfahren. Am beeindruckendsten finde ich, wie offen Maria mit ihren Gedanken und Gefühlen umgeht. Sie schreibt sehr ehrlich auch von den Momenten, in denen sie Zweifel oder Angst hat. Dadurch ist das Buch auf einer sehr persönlichen Ebene geschrieben. Mich hat das gefreut, da ich schon länger Fan von Maria Ehrich bin und sie so besser kennenlernen konnte. Ich kann diese Geschichte wärmstens empfehlen! Gerade in dieser Zeit der Reisebeschränkungen zeigt sie, dass es noch unglaublich viel zu entdecken gibt.

Majlis

Würdet ihr euch trauen loszureisen? Welche Begegnung findet ihr am inspirierendsten? 

Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan (Annie E. Lindner, 2021 – Franke-Verlag)

Die Wahrheit schmeckt nach Marzipan (Annie E. Lindner, 2021 – Franke-Verlag)

„Der, der loslassen muss, erfährt unerträglichen Schmerz. Davor hast du Angst. Aber für denjenigen, der geboren wird oder stirbt, ist es der Beginn eines neuen Abenteuers, der Übergang in eine neue Welt.“

Wie kann denn bitte ein Tagebuch bei tiefer Trauer helfen? Das fragt sich die 16-jährige Tally, die überraschend ihren Vater verloren hat. In ihrer Trauer isoliert sie sich zunehmend und gerade die Hilfe ihrer überforderten Mutter und der Therapeutin, die ihr empfiehlt, ihre Gefühle aufzuschreiben, kann sie überhaupt nicht gebrauchen.

Eines Tages lernt Tally die alte Frau Möller kennen, die mit einem Papageien zusammenlebt und eine große Vorliebe für Marzipan hat. Diese lädt Tally zum Tee ein, wo dem Mädchen ein Foto von Frau Möllers in den Krieg gezogenen Onkel in die Hände fällt, das sie irgendwie doch zum Schreiben inspiriert. Und dann gibt es ja auch noch Sanna, Tallys beste Freundin, die sich von „der neuen Tally“ keineswegs zurückweisen lässt und Mr Wow, der Tally irgendwie nicht mehr aus dem Kopf geht. Blöderweise sind aber alle beiden Christen und mit der Religion kann Tally gar nichts anfangen und auf entsprechende Ratschläge konnte sie bis jetzt immer bestens verzichten …

Liebe, Trauer, Mut, Angst, Freude, Wut, Verzweiflung und Hoffnung – all diese Gefühle sind in dem Roman vereint. Annie E. Lindner hat einen durch und durch aufwühlenden und zum Nachdenken anregenden Roman geschrieben, den ich mehrfach aus der Hand legen musste, weil ich mir die gleichen Fragen gestellt habe, mit denen Tally konfrontiert wurde. Gibt es so etwas wie Macht über Leben und Tod? Ist die schlechte Wahrheit wirklich besser als die gute Lüge? Und was ist meine eigene Wahrheit?

Dadurch, dass sich die Handlung größtenteils zwischen der nicht-religiösen Tally und ihren religiösen Mitmenschen und Freunden abspielt, wird der christliche Glaube bis auf seine Grundzüge kritisch hinterfragt. Und ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich beide Parteien immer verstehen konnte und meine Meinung doch ein bisschen verändert habe. Ich bin beeindruckt von der Ernsthaftigkeit, die in einem scheinbar einfachen Großstadtleben einer 16-jährigen auftreten kann und ich bin inspiriert, mich mit verschiedenen angesprochenen Themen intensiver auseinanderzusetzen.

Ich kann den Roman allen empfehlen, die sich mal auf eine Reise zu sich selbst begeben wollen und vielleicht ein ähnliches Schicksal wie Tally durchlebt haben. Viel Spaß beim Lesen!

Lena

Könnt ihr Tally Reaktion nach dem Öffnen des Briefes ihres Vaters nachvollziehen? Und was habt ihr gedacht, was für eine Geschichte hinter dem Foto von Frau Möllers Onkel steckt? Schreibt es in die Kommentare! 😊

8 Städte, 6 Senioren, ein falscher Name und der Sommer meines Lebens (Jen Malone; 2018 – Magellan)

8 Städte, 6 Senioren, ein falscher Name und der Sommer meines Lebens (Jen Malone; 2018 – Magellan)

Eine Bustour durch Europa. Klingt doch super! Nur nicht für die Amerikanerin Aubree …

Nachdem sie eine geheime Party geschmissen hat, in deren Verlauf ihre große Schwester Elizabeth sie vor der Polizei rettet, darf diese das Land bis zum Gerichtstermin nicht mehr verlassen. Leider sollte Elisabeth genau in dieser Zeitspanne eine Senioren- Bustour durch Europa leiten. An sich kein großer Verlust, aber wenn Elisabeth diese Bustour nicht antritt, bekommt sie ihren Traumjob nicht. Deshalb fassen die beiden Schwestern einen gewagten Plan: Aubree, die noch nie in irgendeiner Form organisiert und auch noch nie in Europa war, soll die Bustour leiten.

Die beiden bereiten alles akribisch vor: Aubree fliegt angeblich mit ihrer Freundin in ein Ferienlager, damit ihre Eltern nichts merken, und zudem hat ihre Schwester ihr einen Ordner mit allen wichtigen Informationen zu den Städten, die sie besuchen werden, zusammengestellt. Mit diesem Survival-Pack sollte die Tour ein Klacks werden. Leider läuft nicht immer alles wie geplant: Nach einer Reihe unglücklicher Zufälle steht Aubree verwirrt und unorganisiert da. Mit dem Busfahrer, der nur spanisch kann, ist sie komplett überfordert. Glücklicherweise hält sie immerhin der freundliche Mitarbeiter der Reisegesellschaft mit seinen abendlichen „Kontroll-Anrufen“ bei Laune.

In ihrer Truppe befinden sich zwei durchgeknallte beste Freundinnen, ein Liebespaar, das sich am liebsten zurückzieht, ein Geschichtslehrer, der immer wieder mit seinem Wissen aus der Patsche hilft, und vor allem die stille und schlecht gelaunte Mutter der Chefin. Eins steht für Aubree fest: Keiner von denen darf etwas bemerken! Schon gar nicht die Mutter der Chefin! Doch nach einem Unfall wird ihr Unterstützung geschickt. Ausgerechnet der Sohn der Chefin. Der ist bestimmt nicht so begriffsstutzig wie die sechs Rentner. Andererseits könnte er ihr helfen. Fluch oder Segen?

Das Buch hat mir echt gut gefallen!  Ich brauchte ein bisschen, um reinzukommen, weil ich Aubrees Handlungsschritte am Anfang des Buches nicht immer nachvollziehen konnte bzw. anders gehandelt hätte, aber dann fand ich den Roman sehr toll! Er macht einem sofort Reiselust, weil Aubree so viel Schönes in den Städten erlebt und total davon schwärmt. Zudem kommen zwar ein Todesfall, aber auch eine kleine Liebesgeschichte vor. Ich kann dieses Buch allen empfehlen, die gerne reisen und auch denen, die gerne mehr reisen würden.

Majlis

Hättet ihr immer so gehandelt wie Aubree? Welche der Städte habt ihr schon mal besucht? Schreibt es in die Kommentare : )

Dies ist die Lösung zu Collage 09.