Atlantia (Ally Condie; 2014 – Dutton-Verlag)

Atlantia (Ally Condie; 2014 – Dutton-Verlag)

Wenn deine Schwester, die du über alles liebst, in eine andere Welt gehen würde, obwohl der Deal anders war, wie würdest du reagieren? Und würdest du versuchen, ihr zu folgen, auch wenn dies gegen alle Regeln verstößt?

Rio versucht es, oder plant es zumindest. Sie lebt in der in Land (das Oben) und Ozean (das Unten) geteilten Welt. In beiden Teilen leben Menschen und Rios Zuhause ist das Unten. Jeder Mensch, der oben lebt, hat unten jemanden, den er liebt und für den er arbeitet, weswegen niemals alle Mitglieder einer Familie nach oben gehen dürfen. Jedes Jahr wird ein Transport von unten nach oben geschickt, in dem Wechsler sitzen, die sich am Tag der Trennung für ein Leben oben entschieden haben.

Dies war auch immer Rios Traum. Schon ihr ganzes Leben lang wollte sie das Oben sehen und dort leben, und das wusste auch ihre geliebte Zwillingsschwester Bay. Bis zu dem Tod ihrer Mutter war Bay einverstanden, doch dann ließ sie sich von Rio das Versprechen geben, sie nicht zu verlassen. Aber am Tag der Trennung ist es Bay, die den Weg nach oben wählt. Warum um alles in der Welt hat sie ihre Schwester alleine unten zurückgelassen?

Rio versteht gar nichts mehr. Und ihr einziger Gedanke gilt dem Weg nach oben, doch es gibt nur diesen einen Weg mit dem Transport und den hat sie verpasst … Könnte das alles etwas damit zu tun haben, dass Rio eine Sirene ist, weswegen sie schon ihr ganzes Leben lang verdeckt leben musste, aus Angst, jemand könnte sie entdecken? Sirenen können mit Hilfe ihrer Stimme die Menschen manipulieren, weswegen sie von der Gesellschaft gefürchtet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde sie von ihrer Familie geschützt, doch jetzt sind alle weg und sie ist auf sich selbst gestellt … Und welche Rolle könnte Maire, ihre Tante, die ebenfalls eine Sirene ist und somit Kräfte hat, über die kein Mensch verfügt, spielen? Kann Rio ihr vertrauen?

Und dann taucht plötzlich True auf, der ihr helfen möchte, schwimmen zu üben. Doch warum Rio geschickt schwimmen können muss, erzählt sie ihm nicht, denn ihr Unternehmen würde der Rat sofort unterbinden … Aber wer ist True wirklich? Ist er tatsächlich nur der einfache Tiefmarkthändler als der er sich ausgibt? Und kann Rio Gefühle für jemanden zulassen, von dem sie weiß, dass sie ihn bald verlassen muss …?

Ally Condie hat in ihrem Roman eine völlig neue Welt kreiert, die in den Bewohnern der unseren ähnelt, jedoch ein völlig anderes Regierungs- und Gesellschaftssystem hat. Mich hat fasziniert, was für ein klares Bild ich beim Lesen vor Augen hatte und ich hatte das Gefühl, mit Rio zu leben, zu zittern, mich mit ihr zu verlieben und mit ihr zu staunen.

Der Roman ist aus Rios Sicht geschrieben, was ich toll fand, denn so hat man einen Einblick in das Leben und die Gedanken einer Sirene bekommen. Ich war (und bin) beeindruckt von den Fähigkeiten, die einer Sirene zuteil sind und wie sie mit Hilfe derer ein zu Teilen ganz anderes Leben leben können.

Ich kann das Buch allen Lesern empfehlen, die gerne in andere Welten eintauchen (in diesem Fall im wahrsten Sinne des Wortes 😉) und Spaß daran haben, während des Lesens mit den Protagonisten Rätsel zu lösen. Denn ich habe die ganze Zeit selber überlegt, wie die Mutter gestorben ist …

Lena

Was habt ihr geglaubt, wie die Mutter der Schwestern gestorben ist? Und hättet ihr auch so gehandelt wie Bay, wenn euch klar wäre, was eurer Schwester bevorsteht …? Schreibt es in die Kommentare! 😊

Die Welle (Morton Rhue – 1981 – Ravensburger Verlag)

Die Welle (Morton Rhue – 1981 – Ravensburger Verlag)

„Sie hatten doch ihre eigenen Augen und ihren eigenen Verstand. Sie konnten selber denken. Niemand befolgt doch blind solche Befehle!“ (Zitat von Laurie aus „Die Welle“) – „Macht durch Disziplin! Macht durch Gemeinschaft! Macht durch Handeln!“ (Zitat aus „Die Welle“) Kann das die Antwort sein?

In seinem Geschichtsunterricht schaut Ben Ross mit seinem Kurs einen Film über die Geschehnisse in den Konzentrationslagern in Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Die Klasse ist zutiefst berührt von den Bildern und es lässt sie nicht los, dass Menschen zu solchen Taten in der Lage sind. Die Fragen seiner Schüler ließen den Lehrer den ganzen Tag lang nicht mehr los und er stellte sich die Frage, wie er ihnen beantworten konnte, warum sich Menschen so verhalten haben. Warum Menschen in der Lage waren, andere Menschen wegen ihrer Herkunft, wegen ihres Glaubens oder wegen einer speziellen Meinung zu verurteilen.

So beschloss er, mit seinen Schülern ein Experiment zu machen, in dem er sie in die Situation eines Soldaten brachte. Sie mussten im Unterricht stramm sitzen, aufstehen wenn sie etwas sagen wollten und kurze schnelle Antworten geben. Disziplin nannte Ross dies. Außenseiter wurden integriert, denn von nun an war jeder gleich. Gemeinschaft nannte Ross dies. Andere Schüler wurden animiert, der Welle, wie sich die Gruppe nannte, beizutreten. Handeln nannte Ross dies.

Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass Ben Ross mit seinem Experiment etwas Wunderbares geschaffen hat, denn alle schienen gleich zu sein und keiner stach mehr aus der Gruppe heraus, ob positiv oder negativ.

Doch ist dieses Experiment wirklich ein Erfolg? Laurie Saunders, die Chefredakteurin der Schülerzeitung, hat ihre Zweifel, als sie von immer mehr Schülern zu hören bekommt, dass sie gezwungen werden, sich der Welle anzuschließen … Was kreiert der junge Lehrer da in der Schule? Und was will er damit bezwecken? Hat er überhaupt eine Ahnung, was dort gerade passiert?

Morton Rhue hat wunderbar das Problem des Gruppenzwangs in Worte gefasst. Zudem thematisiert er das Streben nach Dazugehörigkeit und Gleichheit, was unter Schülern sehr ausgeprägt sein kann. Auch ich habe mir schon das ein oder andere Mal die Frage gestellt, wie es möglich gewesen sein kann, dass Menschen zu Zeiten des Nationalsozialismus solch schreckliche Taten gemacht haben. Dieses Buch liefert eine Art Antwort. Es rechtfertigt nicht, was damals geschehen ist, aber es legt offen, wie diese Gruppendynamik funktioniert hat und wie es möglich war, ein ganzes Volk unter seine Gewalt zu reißen.

Lena

Glaubt ihr, ihr hättet euch der Welle angeschlossen? Und findet ihr gut, dass Laurie sich treu bleibt und versucht, ihren Standpunkt zu vertreten? Schreibt es in die Kommentare! 😊