Helles Land – Die Erwählte des heiligen Baumes (Mary E. Garner; 2021 – Lübbe)

Helles Land – Die Erwählte des heiligen Baumes (Mary E. Garner; 2021 – Lübbe)

„In goldenem Licht, das auf dem moos- und grasbewachsenen Boden mit grünen Schatten spielte, wuchsen Pflanzen aller Größen und Farben. […] Unsere Welt Helles Land vor etwa tausend Jahren. […] Die Einzigartigkeit einiger erstaunlicher Bäume wurde unseren Vorfahren jedoch erst bewusst, als unsere beiden Sonnen begannen, nicht mehr hinter-, sondern nebeneinander über unserer Welt zu erscheinen. […] Für die Menschen damals bedeutete die zentrierte Kraft der Sonnen die Gefährdung aller Lebensräume. Lichteichen hielten als einzige Wesen unserer Welt dieser neuen Herausforderung stand.“

Das „Helle Land“ ist seitdem ein anderes geworden. Die Menschen wurden gierig und schlugen die Lichteichen, um daraus sichere Häuser zu bauen. Ohne darauf zu achten, dass Lichteichen zwar sehr schnell wachsen, aber nur alle 300 Jahre genau 12 Samen ausbilden. So wurde das „Helle Land“ in drei Teile geteilt. Zunächst gibt es eine Stadt, die „Die Türme“ genannt wird und von einem Dach aus Lichteichenholz überspannt wird, in der eine altertümliche Hierarchie herrscht, die die Gesellschaft in Arm und Reich spaltet. Dann eine riesige Wüste, in der vereinzelt Savannah Dweller leben, und schließlich das „Refugium“. Das „Refugium“ ist ein grüner Fleck im Herzen der Wüste, der durch die einzige verbleibende Lichteiche geschützt und genährt wird. 

Im Refugium haben sich die Menschen in verschiedenen Dörfern organisiert. In einem dieser Dörfer lebt Clay, die Erwählte des heiligen Baumes. Die Bewohner des Refugiums verehren den Baum. Doch allein die Erwählte des heiligen Baumes und ihre Schülerinnen und Schüler kennen den Standort der Lichteiche. Als eine zwölfköpfige Delegation der „Türme“ bei ihrem jährlichen Besuch per Shunterreise, einer Art beamen, im Refugium auftaucht, läuft zunächst alles nach Plan. Doch schon am zweiten Tag verschwinden nicht nur Clays Lebensgefährte und einer der Delegierten, sondern es wird auch Clays Schülerin Camille niedergeschlagen. Es scheint sich um Entführungen zu handeln. Doch zu welchem Zweck? Mit den wenigen Spuren, die sie haben, machen sich Camille und Clay auf den Weg, um die Entführten zu finden. Suchen sie wirklich an der richtigen Stelle?

Mal wieder hat mich ein Roman von Mary E. Garner gefesselt. Den Anfang fand ich sehr verzaubernd. Zwischendrin zog es sich ein kleines bisschen, aber spätestens ab der Hälfte konnte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Besonders gut gefallen hat mir, dass man als Leser genauso wenig hinter die Pläne und Intrigen kommt, die Clay und Camille aufzudecken versuchen, wie die Protagonistinnen selbst. Man hat zwar viele Theorien, aber die werden immer wieder widerlegt. Auch das Ende fand ich großartig geschrieben, weil es einen ziemlichen Plot Twist gibt. Trotz der erfundenen Welt, geht es in diesem Roman auch um aktuelle Themen wie Naturschutz und gesellschaftliche Unterschiede. Ich kann den Roman nur empfehlen, vor allem wenn man Fantasy Romane und Natur mag.

Majlis

Würdet ihr gerne mal das Leben im Refugium ausprobieren? Wo würdet ihr euch am wohlsten fühlen: in den Türmen, bei den Savannah Dwellern oder im Refugium?

Atlantia (Ally Condie; 2014 – Dutton-Verlag)

Atlantia (Ally Condie; 2014 – Dutton-Verlag)

Wenn deine Schwester, die du über alles liebst, in eine andere Welt gehen würde, obwohl der Deal anders war, wie würdest du reagieren? Und würdest du versuchen, ihr zu folgen, auch wenn dies gegen alle Regeln verstößt?

Rio versucht es, oder plant es zumindest. Sie lebt in der in Land (das Oben) und Ozean (das Unten) geteilten Welt. In beiden Teilen leben Menschen und Rios Zuhause ist das Unten. Jeder Mensch, der oben lebt, hat unten jemanden, den er liebt und für den er arbeitet, weswegen niemals alle Mitglieder einer Familie nach oben gehen dürfen. Jedes Jahr wird ein Transport von unten nach oben geschickt, in dem Wechsler sitzen, die sich am Tag der Trennung für ein Leben oben entschieden haben.

Dies war auch immer Rios Traum. Schon ihr ganzes Leben lang wollte sie das Oben sehen und dort leben, und das wusste auch ihre geliebte Zwillingsschwester Bay. Bis zu dem Tod ihrer Mutter war Bay einverstanden, doch dann ließ sie sich von Rio das Versprechen geben, sie nicht zu verlassen. Aber am Tag der Trennung ist es Bay, die den Weg nach oben wählt. Warum um alles in der Welt hat sie ihre Schwester alleine unten zurückgelassen?

Rio versteht gar nichts mehr. Und ihr einziger Gedanke gilt dem Weg nach oben, doch es gibt nur diesen einen Weg mit dem Transport und den hat sie verpasst … Könnte das alles etwas damit zu tun haben, dass Rio eine Sirene ist, weswegen sie schon ihr ganzes Leben lang verdeckt leben musste, aus Angst, jemand könnte sie entdecken? Sirenen können mit Hilfe ihrer Stimme die Menschen manipulieren, weswegen sie von der Gesellschaft gefürchtet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde sie von ihrer Familie geschützt, doch jetzt sind alle weg und sie ist auf sich selbst gestellt … Und welche Rolle könnte Maire, ihre Tante, die ebenfalls eine Sirene ist und somit Kräfte hat, über die kein Mensch verfügt, spielen? Kann Rio ihr vertrauen?

Und dann taucht plötzlich True auf, der ihr helfen möchte, schwimmen zu üben. Doch warum Rio geschickt schwimmen können muss, erzählt sie ihm nicht, denn ihr Unternehmen würde der Rat sofort unterbinden … Aber wer ist True wirklich? Ist er tatsächlich nur der einfache Tiefmarkthändler als der er sich ausgibt? Und kann Rio Gefühle für jemanden zulassen, von dem sie weiß, dass sie ihn bald verlassen muss …?

Ally Condie hat in ihrem Roman eine völlig neue Welt kreiert, die in den Bewohnern der unseren ähnelt, jedoch ein völlig anderes Regierungs- und Gesellschaftssystem hat. Mich hat fasziniert, was für ein klares Bild ich beim Lesen vor Augen hatte und ich hatte das Gefühl, mit Rio zu leben, zu zittern, mich mit ihr zu verlieben und mit ihr zu staunen.

Der Roman ist aus Rios Sicht geschrieben, was ich toll fand, denn so hat man einen Einblick in das Leben und die Gedanken einer Sirene bekommen. Ich war (und bin) beeindruckt von den Fähigkeiten, die einer Sirene zuteil sind und wie sie mit Hilfe derer ein zu Teilen ganz anderes Leben leben können.

Ich kann das Buch allen Lesern empfehlen, die gerne in andere Welten eintauchen (in diesem Fall im wahrsten Sinne des Wortes 😉) und Spaß daran haben, während des Lesens mit den Protagonisten Rätsel zu lösen. Denn ich habe die ganze Zeit selber überlegt, wie die Mutter gestorben ist …

Lena

Was habt ihr geglaubt, wie die Mutter der Schwestern gestorben ist? Und hättet ihr auch so gehandelt wie Bay, wenn euch klar wäre, was eurer Schwester bevorsteht …? Schreibt es in die Kommentare! 😊