Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten (Melanie Metzenthin – 2019 – Diana-Verlag)

Die Hafenschwester – Als wir zu träumen wagten (Melanie Metzenthin – 2019 – Diana-Verlag)

Stell dir vor, dein 14-jähriges Ich wäre plötzlich ganz auf sich allein gestellt. Und das nicht im 21. Jahrhundert, sondern gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Außerdem musst du für deinen Vater und kleinen Bruder sorgen, denn deine Mutter, sowie deine kleine Schwester sind tot.

1892 – wir befinden uns in Hamburg zu Beginn der Cholera-Epidemie. Martha Westphal muss nach dem seuchenbedingten Tod ihrer Mutter und Schwester das Überleben ihrer Familie sichern. Auf Grund der Not am Mann bekommt sie trotz ihres jungen Alters eine Stelle als Krankenpflegerin und darf dann sogar die Ausbildung zur Krankenschwester am Eppendorfer Krankenhaus machen. Entgegen der strengen Regeln der Erika-Schwestern, so nennt sich die Schwesternschaft am Krankenhaus, hält sie die Freundschaft zu ihrer besten Freundin Milli, die von ihrem Stiefvater zur Prostitution gezwungen wird. So bekommt sie Einblicke in alle Lebensverhältnisse, denn sie selber kommt aus der schlechteren Mittelschicht, Milli hat quasi verloren, ihre Arbeitskolleginnen jedoch wuchsen alle in wohlhabenderen Familien auf …

Neben ihrer Tätigkeit als Krankenschwester ist Martha auch aktiv in einer Frauenbewegung und sie schließt sich den Sozialdemokraten an, die die Arbeiterstreiks unterstützen, unter denen auch ihr Vater leidet, der dagegen kämpft, nicht dem Alkohol zu verfallen …

Unter all diesen schwierigen Umständen lernt Martha den jungen Paul Studt kennen, von dem sie auf Grund seiner politischen Überzeugung sofort begeistert ist. Ihm scheint es nicht anders zu gehen. Jedoch dürfen verheiratete Frauen unter keinen Umständen Erika-Schwester bleiben. Und eine von ihnen ist ganz besonders darauf aus, Martha Steine in den Weg zu legen …

Der Roman ist eine fiktive Geschichte, aber Personen wie Lida Heymann oder Johann Döring gab es echt. Somit wird ein ziemlich realitätsbezogenes Bild von Hamburg um 1890 geschaffen. Die Protagonisten Martha ist angelehnt an Melanie Metzenthins Urgroßmutter, wodurch diesem Charakter eine gewisse persönliche Note verliehen wird, die sie sehr sympathisch macht. Ein großes Thema ist auch die Spaltung der Gesellschaft …

Mir hat der Roman so gut gefallen, da die Stärke der Frauen und die Ungerechtigkeit innerhalb einer Gesellschaft so deutlich werden. Zudem konnte ich, nicht zum ersten Mal in einer genialen Geschichte von der Autorin, nicht aufhören zu lesen.

Aktuell finde ich das Thema der Cholera sehr spannend, da es einige Parallelen zu dem Coronavirus gibt. Jedoch waren die hygienische Vorsorge und die medizinische Versorgung damals bei weitem nicht so gut, weswegen wir uns wirklich glücklich schätzen können, heute zu leben!

Ich kann den Roman uneingeschränkt weiterempfehlen!!!

Lena

Hättet ihr euch den Sozialdemokraten angeschlossen oder hättet ihr lieber am alten Regime festgehalten? Und was glaubt ihr, was aus Milli geworden ist? Schreibt es in die Kommentare! 😊

Drei Schritte zu dir (Rachael Lippincott, Tobias Iaconis, Mikki Daughtry; 2018 – dtv)

Drei Schritte zu dir (Rachael Lippincott, Tobias Iaconis, Mikki Daughtry; 2018 – dtv)

Masken, Abstand, Desinfektionsmittel – obwohl dies momentan alles zu unserem eigenen Schutz dient, sind die meisten von uns davon genervt. Jetzt stellt euch mal vor, das wäre euer ganzes Leben lang so. wie bei der 17-jährigen Mukoviszidose-Patientin Stella.

Mukoviszidose ist eine autosomal-rezessiv vererbte Stoffwechselerkrankung. Wer jetzt nur Bahnhof versteht – kein Problem, hab ich am Anfang auch nur ; ) Grundsätzlich bildet sich zum einen Schleim in der Lunge, der den Patienten das Atmen erschwert, und zum andern wird auch grundsätzlich das Immunsystem geschwächt, sodass jede Art von Krankheit sehr gefährlich für die Patienten sein kann.

Stellas Lungenfunktion liegt aktuell bei 35%. Als erneut ein vierwöchiger Krankenhausaufenthalt ansteht, der sie auch ihre Abschlussfahrt kostet, lernt sie den neuen Patienten Will kennen. Will hat allerdings nicht nur Mukoviszidose, sondern zudem ein gefährliches Bakterium, das ihm alle Hoffnungen auf eine Spenderlunge zunichte macht. Deshalb müssen die beiden 2m oder auch vier Schritte Abstand voneinander halten. Doch Will ist fasziniert von der willensstarken Stella und Stella ist entschlossen, Strukturen in Wills Alltag zu bringen und ihn daran zu hindern, ständig seine Medikamente zu vergessen. So vergrößert sich die Anziehung zwischen den beiden immer mehr, bis Stella schließlich einen entscheidenden Schritt wagt. Einen einzigen der vier Schritte klaut sie zurück, sodass sich die beiden mithilfe eines Billardqueues auf drei Schritte Abstand einigen. Doch auch der verkleinerte Abstand wird immer schwerer zu ertragen. Bald muss Stella sich entscheiden: Will oder eine neue Lunge?

Der Roman hat mich sehr berührt! Die drei Autoren haben es mithilfe wechselnder Perspektiven geschafft, sowohl Stellas als auch Wills Ängste, aber auch Träume darzustellen. Es ist sehr beeindruckend, den Krankenhausalltag der beiden mitzuerleben. Obwohl es zwischendrin sehr traurig wird, ist der Roman nicht deprimierend, sondern eher motivierend, die Hoffnung nicht aufzugeben und genau das macht diese Geschichte so unglaublich schön. Gerade in Zeiten wie diesen, in denen uns die Corona-Regeln nerven, ist es gut, mal eine andere Perspektive einzunehmen. Ich kann das Buch allen empfehlen, denen beispielsweise „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von John Green gefallen hat, aber auch allen anderen, die es gerne mal emotional mögen. 

Majlis

Wie hättet ihr euch an Stellas Stelle entschieden? Wie fandet ihr das Ende? Schreibt es in die Kommentare 🙂

Die ist die Lösung zu Collage 06.