Sturmmädchen (Lilly Bernstein, Februar 2024, Ullstein-Verlag)

Sturmmädchen (Lilly Bernstein, Februar 2024, Ullstein-Verlag)

Drei junge Frauen. Ein Schwur. Wie stark ist eine Freundschaft?

Diese Zeilen stehen auf dem Klappentext des Romans, der die Geschichte von drei jungen Frauen erzählt, deren Freundschaft mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten große Steine in den Weg gelegt werden.

Elli, Margot und Käthe kennen sich aus Kindertagen, in denen sie in jedem Sommer, wenn Margot aus der Stadt zu Besuch ins Dorf kam, gespielt, gelacht und Spaß gehabt haben. Sie träumen an einem heißen Sommertag eine jede von ihrer Zukunft und malen sich aus, wo sie wohl in fünf Jahren sein werden. Doch die friedliche Stimmung wird getrübt, als eine Gruppe Jugendlicher in Uniformen der Hitlerjugend auftaucht und den Mädchen einen ordentlichen Schrecken einjagen. Was zunächst bei einem Schrecken bleibt, wird schon bald zu einem Keil, der sich zwischen die Freundinnen drängt. Denn während Margot als Jüdin schon bald gewaltige Restriktionen spürt und es für sie um Leben und Tod geht, folgt Käthe ihrem Vater, ihren Brüdern und damit der breiten Masse der Bevölkerung in die Partei. Elli steht zwischen den Freundinnen und muss eine Entscheidung treffen: Folgt sie ihrem Instinkt und ihrer Überzeugung und schlägt ihren ganz eigenen Weg ein? Trotz aller Gefahren, die er birgt …

Lilly Bernstein hat mit diesem Roman ein riesiges Werk geleistet. Ich habe beim Lesen gelacht, geweint, gehofft, gezittert, mitgefiebert und musste das ein oder andere Mal das Buch zur Seite legen, um zu verdauen, was ich da gelesen habe. Historisch ist die Geschichte unfassbar gut recherchiert und legt einen Fokus, den viele Romane dieser Zeit nicht unbedingt haben. Es geht hier nämlich zum Teil ganz gezielt um die Judenhäuser. Ein grausames Kapitel, was häufig nur am Rande behandelt wird, hier aber eine zentrale Rolle spielt. So interessant es auch ist, so sehr hat es mich auch emotional mitgenommen, denn die Autorin beschreibt sehr authentisch die Umstände im Judenhaus, aber auch in dem kleinen linientreuen Dorf, sodass ich permanent ein so klares Bild vor Augen hatte, dass ich mir manchmal sogar gewünscht habe, es wäre weniger einprägsam. Emotional spricht der Roman also zum einen natürlich die Judenverfolgung an, aber auch das Thema Freundschaft hat eine zentrale Rolle in dem Roman. Wie weit traut Elli sich zu gehen, um Margot und ihre Familie zu unterstützen? Und welche Rolle spielt Käthe, die sich der Nationalsozialistischen Frauenschaft angeschlossen hat und nichts tut, als ihre Freundinnen mit Steinen nach Margot werfen? Konnte sie ihre Kinder- und Jugendfreundschaft wirklich einfach so vergessen?

Während des Lesens habe ich mir viele dieser Fragen gestellt. Ich war selbst so verzweifelt, dass ich keine Antworten gehabt hätte. Wie hätte ich mich verhalten? Hätte ich genug Mut gehabt, im Untergrund zu arbeiten? Zuweilen dachte ich beim Lesen im Hinblick auf das Ende, dass es entweder ein furchtbar tragisches Ende geben muss oder aber hoffnungslos unrealistisch gut wird. Aber nichts davon ist eingetreten. Es ist ein optimistisch realistisches Ende und ohne zu viel zu verraten, kann ich sagen, dass ich mit einem lächelnden und einem weinenden Auge die Buchdeckel geschlossen habe.

Ich kann in jedem Fall eine große Empfehlung aussprechen für den Roman, denn wie ich bereits sagte, ist er unfassbar gut recherchiert, holt den Leser dabei aber super ab und überfährt einen nicht mit Informationen. Es ist sprachlich sehr einfach zu lesen, wenn auch emotional echt keine leichte Kost. Aber ich habe es verschlungen und hätte Elli auf ihrem Weg gerne noch eine Weile länger begleitet.

Lena

Habt ihr mit dem Ende bzgl. Käthe gerechnet? Und wie glaube ihr, geht es weiter? Was hält in euren Augen die Zukunft für Elli bereit?

Tales of Sylt (Alexandra Flint, 2023, Loewe-Verlag)

Tales of Sylt (Alexandra Flint, 2023, Loewe-Verlag)

„[Das war] mein neues Lebensmotto. Mutig sein. Etwas riskieren. Chancen nutzen. Denn manchmal … musste man eben etwas wagen, um zu gewinnen.“

Die „Tales of Sylt“ sind Geschichten über junge Erwachsene, die sich mit ihrem Eintritt in das Leben nach der Schule auf ihre ganz eigene Weise finden und vielleicht auch ein Stück neu kennenlernen müssen. Was sie vereint? Na klar, die Nordseeinsel Sylt. Aber eigentlich geht es noch um etwas anderes: Es geht um Freundschaft. Es geht um eine Freundesgruppe, die der sichere Hafen für jede der Mädchen ist. Sie hören den anderen zu, unterstützen sich und helfen einander. Eine Freundschaft, die unbezahlbar ist. Witzigerweise schreibe ich diese Zeilen gerade im Zug auf dem Rückweg von einem Kurztrip nach Sylt. Warum erzähle ich das? Tja, Alexandra Flint hat mir beim Lesen das Gefühl gegeben, selbst dort zu sein, so richtig. Man hatte von Anfang an den Eindruck, die Orte zu kennen. Die Strände, Oma Eddas Leuchtturm, das Bernsteinglühen, den Hafen von Munkmarsch, die Menschen, die Gemeinschaft derer, die genau das leben. Um ehrlich zu sein kannte ich selbst die Insel (im realen Leben😉) bis vor kurzem eher wenig, aber auf meinen beiden letzten Ausflügen konnte ich nachvollziehen, was in den Büchern beschrieben und verarbeitet ist. Dieser Insel-Zauber, der die Mädchen verbindet und den sie weitertragen …

Kein Horizont zu weit
Leni kennt Raffael seit ihrer Kindheit. Doch vor fünf Jahren ist er spurlos von der Insel verschwunden, nachdem er bei einem verheerenden Brand seinen Vater und Bruder verlor. Nun, da das Familienhotel neu aufgebaut werden soll, ist er plötzlich wieder auf der Insel, um den Prozess zu überwachen. Leni beschließt, das Ganze erst einmal aus der Ferne zu beobachten, allerdings hat sie nicht damit gerechnet, dass sie und ihr Vater mit ihrer Werft direkt am Wiederaufbau beteiligt sein würden. Eine gute Chance, um mit Raffael ins Gespräch zu kommen – doch der scheint weder mit Leni noch mit der Insel etwas zu tun haben zu wollen. Ihn zieht es zurück …

Kein Sturm zu nah
Elisa lebt bei ihrem Vater in Australien und scheint dort das perfekte Leben zu haben. Doch dann fliegt sie nach einem Skandal aus dem Schwimmteam der Uni und es ist fragwürdig, ob sie ihr Medizinstudium wird fortsetzen können. Hals über Kopf kehrt sie in ihre Heimat Sylt zurück, wo sie in erster Linie die Geborgenheit der Freundinnen sucht. Nicht rechnen tut sie damit, dass ihr ausgerechnet der Profikiter Jonah Falk als erstes über den Weg läuft. Er lebt für das Kiten, stürzt sich in jeden noch so schlimmen Sturm – und vergisst, dass es auch Grenzen gibt. Sein Ruf ist nicht der beste, doch steckt hinter diesem irren Kiten eventuell noch mehr?

Kein Ozean zu tief
Für Lou steht fest, wie ihr Leben aussieht: Sie studiert das Ingenieurswesen und wird irgendwann in die Firma ihrer Eltern einsteigen. Doch nach einer zum wiederholten Mal vermasselten Prüfung beschließt sie zum Leidwesen ihrer Eltern kurzerhand dem perfekten Plan den Rücken zu kehren und ihrer Schwester nach Sylt zu folgen. Ist das vielleicht ihre Chance, ihrem Hobby, dem Travelblogging, eine Chance zu geben, mehr zu werden? Aber wie lebt man vom Reisen und Bloggen? Ist das nicht zu schön, um wahr zu sein?
Kein anderer als der bekannte und erfolgreiche Travelblogger Kai Hansen wurde diesbezüglich gerade auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Er ist Extremfotograf – und es ist etwas schief gegangen. Nun braucht er definitiv ein Image-Make-Over und bietet ausgerechnet Lou eine Kooperation an.
Die beiden, die bezüglich des Reisens unterschiedlicher nicht sein könnten, beschließen, gemeinsam loszuziehen. Doch was haben sie außer ihren Klamotten noch im Gepäck? Wird Kai Lou jemals zeigen, was er noch so mit sich rumschleppt, was ihn nachts nicht schlafen lässt?

Liebe Alexandra, zu hast mich inspiriert. Inspiriert dazu, mutig zu sein, etwas zu riskieren und Chancen zu nutzen. Und dazu, nach Sylt zu fahren. Die kleinen Dinge zu genießen, von Freundschaften zu zehren und nach vorne zu schauen. Füreinander da zu sein, zu lachen und das Leben nicht immer ganz so ernst und dramatisch zu nehmen. Die „Tales of Sylt“ haben mich raus aus der Uni, hinein in eine Welt voller offener Türen geführt.
Aber gleichzeitig gefällt mir noch etwas anderes so unglaublich gut. Ich habe das Gefühl, du kennst die Insel wirklich. Und damit meine ich vor allem, du kennst die Menschen. Denn Sylt ist für viele eine Insel voller Klischees, aber du hast in deinen Büchern Themen verarbeitet, die die Menschen dort beschäftigt, die wir manchmal gar nicht so sehen. Was kommt nach dem Schulabschluss – muss ich von der Insel gehen? Was passiert mit den Leuten, die ich so gut kenne, kann ich irgendwann dorthin zurückkehren? Was heißt eigentlich „Zuhause“? Aber auch diese ganz besondere Art von Gemeinschaft. Meine Freundin hat mir neulich gesagt: „Sylt ist ein Dorf.“ Und irgendwo hat sie recht und genau das hast du wunderbar und leicht transportiert.

Also kommt alle mit auf eine Reise nach Sylt (in mehrerlei Hinsicht 😉)!

Lena

Wart ihr schonmal auf der Insel? Wie habt ihr die Gemeinschaft wahrgenommen? Und seid ihr vielleicht schonmal an dem ein oder anderen Ort gewesen?

Die Kinder von Beauvallon (Bettina Storks, Diana-Verlag, 2023)

Die Kinder von Beauvallon (Bettina Storks, Diana-Verlag, 2023)

„Il faut du courage. Encore une dernière fois. Nur noch ein letztes Mal Mut.“ (‚Die Kinder von Beauvallon‘)

1965 reist die 30-jährige Agnes, eine Radiomoderatorin aus Freiburg, in den französischen Ort Dieulefit, wo im Zweiten Weltkrieg mehr als tausend Flüchtlinge Schutz fanden. Unter den Flüchtlingen waren viele jüdische Kinder, die von den Bewohnern u.a. in der Schule Beauvallon versteckt wurden. Als der Auftrag an Agnes herangetragen wird, erinnert sie sich daran, dass ihre beste Kindheitsfreundin Lilly damals nach Frankreich deportiert wurde. Ohne groß darüber nachzudenken, stürzt sie sich in den Auftrag hinein. Und auch wenn es darum in erster Linie nicht geht, schließlich soll sie über den Mut der Dorfbewohner, den Zusammenhalt, die Résistance und die Angst vor den Nationalsozialisten berichten, hofft sie, auf ihrer Reise Spuren zu finden, wie es ihrer totgeglaubten Freundin Lilly nach der Deportation ergangen ist. Und irgendwo keimt auch ein Fünkchen Hoffnung, dass sie eventuell zu den Kindern von Beauvallon gehört haben könnte …

Wer sich auf diesem Blog schon ein bisschen umgesehen hat, weiß, dass ich die Romane von Bettina Storks regelrecht verschlinge. Nach jedem Buch sage ich: „Das ist er, mein neuer Lieblingsroman“, aber wenn mich jemand nach meinem Lieblingsbuch fragt, dann könnte ich mich doch nicht entscheiden.
Hierbei ging es mir – große Überraschung – nicht anders. Das liegt nicht daran, dass die Geschichte durch und durch besonders schön ist, eigentlich im Gegenteil. Sie ist traurig, zum Verzweifeln und macht einen wütend, denn es ist so unfassbar ungerecht und grausam, was den Juden im Zweiten Weltkrieg widerfahren ist. Aber gleichzeitig – und ja, es ist möglich – ist die Geschichte wunderschön. Davon zu lesen, wie ein Dorf zusammengehalten hat, um Flüchtlinge zu retten und das Regime aus den oberen Reihen heraus sabotiert hat, ist bewundernswert. Durch die Augen von Kindern mitzuerleben, wie ihnen ein neues Zuhause in Beauvallon aufgebaut wurde ist unfassbar rührend. Und zu verfolgen, was die Résistance in einem gewaltigen Netz geleistet hat, erfüllt mich einfach nur mit Ehrfurcht.
Die Geschichte ist wahr. Dieulefit liegt ziemlich genau zwischen Montpellier und Lyon und die Schule, Beauvallon, wird heute noch betrieben. Obwohl ich mich schon sehr viel mit der französischen Geschichte während des Zweiten Weltkrieges beschäftigt habe, war mir dieses Kapitel bis jetzt verborgen geblieben. Es fordert einiges an Mut, als Autorin so in der Vergangenheit zu graben, um einen Roman zu schreiben, der der Realität gerecht wird.
Jedoch bin ich (mal wieder) der Überzeugung, dass Bettina Storks das in Perfektion geschafft hat. Ich habe gelacht, geweint, wütend das Buch zugeschlagen und inspirierende Zitate bis zum geht nicht mehr gesammelt. Der Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit lässt den Leser aus verschiedenen Blickwinkeln auf die Geschichte schauen und ganz ehrlich, ich konnte das Buch nicht weglegen. Es war die perfekte Lektüre für eine gelungene Weihnachtspause, denn etwas Besseres zum Versinken und Abtauchen hätte ich mir nicht vorstellen können!

Lena

Ich möchte euch noch ein paar ausgewählte Textstellen geben, über die ich lange nachgedacht habe, vielleicht geht es euch ja genauso …

„Niemand fühlte sich in Dieulefit als Held, nur als Mensch, der das Richtige tat. Wir nennen das hier die Banalität des Guten.“

„Jeder muss seinen Weg finden. Jeder für sich allein, und manchmal kreuzen sich Wege, und man geht eine Weile gemeinsam, vielleicht sogar ein ganzes Leben. Man driftet weg, geht wieder aufeinander zu und lernt sich neu kennen. Das ist die Natur der Freundschaft. Das ist es, was wir gerade erleben.“

„Du hast mir so gefehlt, Papa, aber du hast mir beigebracht, für die Schwächeren einzustehen. Verzeih mir, dass ich es dir nicht gesagt habe.“

„Il faut du courage. Encore une dernière fois. Nur noch ein letztes Mal Mut.“

Empfehlung für dich (Laura Silverman, Oktober 2021, Carlsen-Verlag)

Empfehlung für dich (Laura Silverman, Oktober 2021, Carlsen-Verlag)

„Ich liebe es, dass du so empfindlich bist. Es bedeutet, dass dir die Dinge wichtig sind, die Menschen. Das ist etwas Gutes.“ (Aus ‚Empfehlung für dich‘)

Shoshanna arbeitet in der Buchhandlung mit dem träumerischen Namen „Es war einmal“ und liebt ihren Job. Es bereitet ihr große Freude, die Kunden kennenzulernen, sich ihre Lesegeschichten anzuhören und ihnen dann einen perfekten Tipp für ihr nächstes Buch geben zu können. Und die Kunden lieben Shoshanna, denn bei ihr bekommen sie mit Sicherheit ein Buch ans Herz gelegt, das sie in eine andere Welt reisen lässt, ganz individuell.

Somit ist Shoshannas Freude groß, als ihre Chefin in der Woche vor Weihnachten einen Wettbewerb ausruft: Wer die meisten Bücher verkauft, der bekommt eine Prämie. Für Shoshanna ein großes Glück, denn der Sieg scheint ihr sicher zu sein und sie könnte das Geld sehr gut gebrauchen, um ihr geliebtes Auto Barbra Streisand reparieren zu lassen … Wäre da nicht dieser neue Mitarbeiter Jake, der offen zugibt, dass er nicht liest, aber trotzdem unverschämt viele Bücher an die Kunden bringt. Shoshanna geht es total gegen den Strich, dass ausgerechnet dieser unfreundliche, nicht-lesende und leider viel zu süße, gut riechende und Flanellhemden-tragende Mitarbeiter ihr den sicheren Sieg streitig machen könnte. Während die beiden den Wettbewerb mit allen Mitteln zwischen sich ausfechten und dabei ausgesprochen kreativ werden, kommen sie sich (un-)freiwillig immer näher und der gewisse Weihnachtszauber, der in der Luft liegt, wirkt auch nicht gerade dagegen an …

Großartig! Laura Silverman hat mit diesem Roman eine wunderschöne Weihnachtsromanze in die Welt gesetzt. Ich bin in letzter Zeit echt nicht viel zum Lesen gekommen oder hatte nicht die Ruhe, mich auf ein Buch so richtig einzulassen, aber es tat so gut, mal wieder einen Roman zu haben, der einen einfach weg aus seiner eigenen Welt bringt. Zusammen mit Shoshanna bin ich eingetaucht in ihre Buchhandlung und ihre Welt. Total spannend war es, die Vorweihnachtszeit aus jüdischer Sicht zu „erleben“ und gerade dieser Punkt – eine jüdische Protagonistin in einem christlichen Vorweihnachtsstress – hat wahnsinnig viel Witz und Humor in die Geschichte gebracht, gerade da Shoshanna auch ein so sympatischer Mensch ist. Sie ist mir total ans Herz gewachsen und ich würde sie echt gerne noch besser kennenlernen. Wie bei so vielen New Adult Romanen war das Ende ziemlich vorhersehbar, aber wie wir alle wissen, macht das das Leseerlebnis ja nicht weniger schön. Und tatsächlich gab es auch trotzdem gerade am Ende noch mehrere Aspekte, die ich dann so nicht erwartet hätte. Also im Nachhinein doch nicht so ganz vorhersehbar.

Wie ich bereits sagte, liest es sich sehr schnell und ist auch keineswegs eine anspruchsvolle Lektüre. Aber für einen gemütlichen Adventsabend ist es in meinen Augen genau das Richtige und für alle die, die ein wenig anspruchsvolleren Lesestoff haben möchten, ist es durchaus auch etwas, da einige gesellschaftliche Themen angesprochen werden, über die man auch noch lange nachdenken kann, wenn man möchte. Das Judentum in der Vorweihnachtszeit, Homosexuelle Beziehungen, der Umgang mit Trennungen, Freundschaft, Fehler und Entschuldigungen.

Ihr seht, ich kann es absolut empfehlen. Wenn ihr für das kommende Adventswochenende auch noch eine kleine Auszeit benötigt, dann greift zu!

Lena

Seid ihr von der Sorte Weihnachtsmuffel oder Weihnachtswichtel? Genießt ihr die gemütliche Adventszeit genauso wie ich? Und wer würde auch gerne mal einen Blick in „Es war einmal“ werfen …?

Alles, nur kein Surferboy (Jenn P. Nguyen; 2020, cbt – Verlag)

Alles, nur kein Surferboy (Jenn P. Nguyen; 2020, cbt – Verlag)

Was wärst du bereit zu tun, um deinen absoluten Lebenstraum und das Ziel, das du hast, seit du ein Kind bist, zu erreichen?

Arbeit, Engagement und Zielstrebigkeit – das ist es, was Taylor Simmons wohl ausmacht. Ihr Desktop könnte ungefähr so aussehen, wie auf dem Foto: sie arrangiert die Schülerzeitung, muss das Budget für die nächste Ausgabe kalkulieren und parallel plant sie den anstehenden Karrieretag, ein riesen Event. Doch von einem Tag auf den anderen bricht alles zusammen, was sie sich je vorgenommen hat und die obige Frage bekommt eine ganz neue Bedeutung. Zunächst wird sie von ihrer Traum-Uni nur auf die Warteliste gesetzt (für sie total unverständlich, denn wer, wenn nicht sie – Jahrgangsbeste, Leitung der Schülerzeitung, Lehrerliebling und das disziplinierteste Mädchen der Schule); und dann wacht sie nach einer durchgefeierten Nacht auch noch neben dem Bad-Boy und Mädchenschwarm schlechthin auf – Evan McKinnley. Für Taylor ist das ein Albtraum, denn ihr Ruf scheint ruiniert zu sein. Und zu allem Überfluss nimmt sie das alles mehr mit, als sie sich eingestehen möchte …

Für Taylor gibt es nur einen Ausweg: McKinnley muss sich als ihr fester Freund ausgeben. Denn lieber ist sie angeblich seinem Charm verfallen, als eine weitere Kerbe in seinem Surfboard zu sein, denn das ruiniert ihr mit Sicherheit ihre Zukunft. Doch dieses Schauspiel durchzusetzen und auch wirklich zu spielen, ist schwerer, als Taylor sich je hätte vorstellen können …

Wer kennt es nicht? Diese eine Schülerin im Jahrgang, die einfach immer die besten Noten schreibt, von allen Lehrern gemocht wird, mit Sicherheit die Jahresabschlussrede halten wird und schon einen genauen Plan hat, wo es nach dem Abschluss hingehen soll. Ein absoluter Albtraum eines jeden anderen Mitgliedes des Jahrgangs, denn egal was man macht, einen Schatten gibt es immer.

Naja, zumindest stellen sich das viele junge Menschen so vor. Natürlich ist es nicht an jeder Schule so – zum Glück – aber sei es für sportliche Leistungen, sprachliches Talent, einen naturwissenschaftlichen Hang oder oder oder … diese Schüler und Schülerinnen kennt jeder und so geht es Taylor auch. Ja, sie möchte es so, denn um Jura an der Colombia zu studieren, braucht sie nun mal diesen Ruf. Aber ist das wirklich erstrebenswert? Kann es nicht auch noch andere Wege geben, um an sein Ziel zu kommen, ohne von allen nur als unnahbar und Freak gesehen zu werden?

Der Roman ist sehr leicht zu lesen und eine gute Lektüre für zwischendurch. Mir hat er sehr gut gefallen, denn es ist amüsant, zu verfolgen, wie Taylor sich gezwungenermaßen entwickelt und man konnte sich so richtig zurücklehnen beim Lesen. Außerdem meinte ich die Fragen durchaus ernst, die ich eben gestellt habe. Das ein oder andere Mal habe ich darüber nachgedacht, wie es denn in meinem Abschlussjahrgang war, hatten wir auch solche ‚Sternchen‘? Und wie hat sich das bei uns geäußert? Ich kann euch das Buch wirklich empfehlen, wenn ihr etwas Leichtes zu lesen sucht, bei dem ihr mal schmunzeln könnt, aber auch in alten Erinnerungen schwelgen werdet!

Lena

Habt ihr mal drüber nachgedacht? Kennt ihr dieses ‚Sternchen-Phänomen‘?

Mischa – vertrieben, vergessen, verstoßen (Noah Fitz, 2022, Kampenwand-Verlag)

Mischa – vertrieben, vergessen, verstoßen (Noah Fitz, 2022, Kampenwand-Verlag)

„Schnell! Packt eure Sachen und verschwindet von hier! Die kommen, um euch zu holen!“ (aus ‚Mischa vertrieben‘

Seit über 1000 Jahren leben Deutsche in Russland. In den Ausläufern des Mittelalters werden gezielt deutsche Fachleute ins Land geholt und man errichtet eine deutsche Vorstadt in Moskau. Insbesondere unter Peter dem Großen (1672-1725) arbeiten sie in verantwortlichen Posten in allen Bereichen. 1763 lädt die Zarin Katharina II. in ihrem Manifest zur Ansiedlung ein und etwa 30.000 deutsche Zuwander*innen siedeln sich im Wolgagebiet an. Die zweite große Einwanderungswelle folgte 1804 unter Zar Alexander I. im Schwarzmeergebiet. Doch ab 1871 wendet sich das Blatt für die Deutschen. Es gibt Volkszählungen, Privilegien werden aufgehoben und viele wandern aus in die USA. Im Ersten Weltkrieg dienen die Deutschen neben den Russen zunächst in der zaristischen Armee, jedoch kommt es dort auch schon vermehrt zu Pogromen gegen Deutsche. Zwischen den Kriegen spitzt sich die Lage immer weiter zu, die in der Sowjetrepublik entstandene deutsche Infrastruktur wird aufgelöst und es kommt zu Deportationen und Ermordungen. 1941 scheint man dann endgültig alle sogenannten ‚Russlanddeutschen‘ loswerden zu wollen. Es gibt einen Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets über die Deportation der Deutschen aus der Wolgarepublik. In etwa 700.000 Menschen werden infolgedessen nach Sibirien oder Kasachstan deportiert, wo es weder Nahrungsvorräte, noch ärztliche Versorgung gibt. Die Deportieren werden entweder in Arbeitslager gebracht oder bei der ortsansässigen Bevölkerung untergebracht, wo sie häufig auf deren Höfen arbeiten mussten. Sie leisten Schwerstarbeit – oder sterben. Der Krieg gegen Russlanddeutsche geht mit dem Weltkriegsende nicht zuende und bis 1956 sterben rund 300.000 Russlanddeutsche.

Dieses Schicksal, deportiert zu werden, weil die Vorfahren irgendwann mal aus Deutschland nach Russland gekommen sind und obwohl man fließend russisch spricht und dort aufgewachsen ist, ereilt auch Johanna und ihre Kinder. Im Oktober 1941 muss sie zusehen, wie ihr Zuhause in Flammen aufgeht, gibt jede Hoffnung auf, ihren Mann wiederzusehen und wird mit vier ihrer fünf Kinder aus der Heimat vertrieben. Sie werden mit anderen Deutschen zu einem Bahnhof eskortiert, von wo aus sie brutal in Viehwaggons abtransportiert werden. Wohin der Zug fährt und was mit den Kindern geschehen soll, sagt ihr keiner, aber sie kann es sich denken …

Wow, diese Trilogie ist echt ganz schön harter Lesestoff. Zunächst durch Johanna und dann durch Mischa, ihren Sohn, erlebt der Leser ihr Schicksal. Parallel gibt es auch einen zweiten Handlungsstrang, denn es gibt noch einen Sohn, Alexander, der zum Zeitpunkt der Deportation in der Armee war …

Der Autor schafft es, durch die detaillierte Beschreibung der Protagonisten den Leser mitleiden, -lieben, -weinen und -verzweifeln zu lassen. Hautnah erlebt man mit, was Mischa und seinen Geschwistern widerfährt, wie sie sich durchkämpfen und zusammenhalten. Ich musste das Buch zwischendurch weglegen, weil ich einen Moment zum Durchatmen brauchte, da es nicht so einfach zu verkraften ist, was man dort liest. Aber ich fand es super! Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich mich mit der Thematik der Russlanddeutschen noch nicht sonderlich viel beschäftigt, aber diese Trilogie bringt einem ihr Schicksal wortwörtlich unter die Haut. Ich fand es sehr spannend, durch die Augen eines Kindes die Ereignisse mitzuverfolgen und habe mal wieder ganz neu gelernt, was Verantwortung, Zusammenhalt, Liebe und Familie bedeuten kann und wie diese Sachen in der Lage sind, dich auch in den schlimmsten Zeiten am Leben zu halten.

Ich kann ausnahmslos eine absolute Empfehlung aussprechen, sofern ihr bereit seid, euch mit der harten und zum Teil wirklich brutalen Realität auseinanderzusetzten. Wenn das der Fall ist und euch dieses Kapitel interessiert, dann greift zu!

Lena

Als die Welt zerbrach (John Boyne, 2022, Piper Verlag)

Als die Welt zerbrach (John Boyne, 2022, Piper Verlag)

„Ich habe die Macht genossen, die ich hatte, das ja. Es war ein aufregendes und beängstigendes Gefühl zugleich. Was hätte ich deiner Meinung nach tun sollen? Ich war Soldat. Und Soldaten gehorchen Befehlen. Hätte ich mich geweigert, wäre ich erschossen worden.“ (Aus ‚Als die Welt zerbrach‘)

Im Jahr 2022 lebt Gretel Fernsby in ihrer Londoner Wohnung, von wo aus sie mit ihren über neunzig Jahren ein ruhiges Leben führt. Sie hat ein neues Leben angefangen und spricht niemals über ihre Flucht aus Deutschland, den Tod ihres Bruders oder über ihren Vater, der Kommandant in einem Konzentrationslager war. Eines Tages zieht unter ihr eine junge Familie mit einem neunjährigen Sohn, Henry, ein. Gretel wird von Zeit zu Zeit Zeugin von körperlicher Gewalt in der Familie und hat diese einmalige Chance, den Jungen zu retten, wo sie es doch bei ihrem Bruder nicht konnte. Zudem könnte sie endlich ein kleines Bisschen ihre Schuld sühnen, denn auch wenn sie ihre Vergangenheit hinter sich gelassen hat, trägt sie diese seitdem mit sich herum. Doch wenn Gretel dies tun will, dann steht ihre zurückgezogene Existenz auf dem Spiel, denn sie muss offenbaren, was sie fast achtzig Jahre lang verschwiegen hat …

Dieser Roman ist die Fortsetzung des Bestsellers Der Junge im gestreiften Pyjama (John Boyne, 2007, Fischer Verlag). John Boyne erzählt, wie und ob die Tochter eines Kommandanten eines Konzentrationslagers nach dem Krieg mit der Schuld, die sie womöglich auch trägt (?) leben kann. Ja, hat sie Schuld oder nicht? Haben die jungen Soldaten Schuld, die im Konzentrationslager arbeiten mussten oder ansonsten erschossen wurden? Hat die gesamte Gesellschaft Schuld, weil sie durch alle Poren indoktriniert wurde und dadurch mal bewusst, mal unbewusst mitmachte? Der Roman ist immer aus Gretels Sicht, aber zu verschiedenen Zeiten geschrieben. Unmittelbar nach dem Krieg lebt sie mit ihrer Mutter in Paris, wo sie versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen. Mit Anfang zwanzig lebt Gretel eine Weile in Sydney, getrieben von ihrer Schuld in Europa. Doch sie kommt zurück und zieht nach London, wo sie nun als Rentnerin erzählt.

Ich fand es sehr spannend, ihre unterschiedlichen Entwicklungsstufen zu entdecken. Immer das gleiche Gefühl der Angst, entdeckt zu werden, immer der selbe Antrieb – die Schuld, aber doch jedes Mal in jeder Stadt ein anderer Umgang damit, denn es geht ums Überleben. Mehr zählt nicht …

Ich war zu Beginn ein bisschen skeptisch dem Buch gegenüber, denn kann es zu „Der Junge im gestreiften Pyjama“ eine Fortsetzung geben? Für mich endete die Geschichte unweigerlich mit dem Ende des Buches. Aber nein, ich wurde eines Besseren belehrt, denn die Zeit danach ist in diesem Roman unfassbar gut dargestellt durch die Augen einer liebenden und trauernden Schwester. Ein absolutes Muss für alle, die den ersten Teil gelesen haben!

Lena

Schon wieder ein überraschendes Ende, oder? Hättet ihr Gretel diese letzte ‚Sache‘ zugetraut?

Der Junge im gestreiften Pyjama (John Boyne, 2007, Fischer Verlag)

Der Junge im gestreiften Pyjama (John Boyne, 2007, Fischer Verlag)

„Die [Leute] in den Baracken, in der Ferne [meine ich]. Sie sind alle gleich angezogen.“ „Ach, die“, sagte Vater. […] „Das … na ja, das sind eigentlich gar keine Menschen Bruno.“

Das Buch „Der Junge im gestreiften Pyjama“ hat keinen Klappentext. Stattdessen wird geschrieben: „[Es ist] besser, wenn man vorher nicht weiß, worum es geht. Wer zu lesen beginnt, begibt sich auf eine Reise mit einem neunjährigen Jungen namens Bruno.“

Ich teile absolut die Meinung, dass man dieses Buch ohne Erwartungen an den Inhalt lesen sollte, allerdings möchte ich euch ein bisschen mehr über Bruno erzählen. Er ist 1934 in Berlin geboren, wo er in einem großen Haus bei seinen Eltern und mit seiner älteres Schwester Gretel aufgewachsen ist. Eines Tages erfährt Bruno jedoch, dass sie nun sofort umziehen müssen, an einen Ort ziemlich weit weg. Ziemlich weit weg bedeutet für Bruno, dass er seine Freunde nicht mehr sehen kann und von nun an den ganzen Tag mit seiner in seinen Augen außerordentlich nervigen Schwester Zeit verbringen muss. Denn an dem neuen Ort gibt es keine anderen Kinder. Dazu kommt der strenge Vater, der wirklich ätzende Hauslehrer und der schmierige Oberleutnant Kotler, der ein und aus geht bei ihnen. Doch Bruno, der eine Vorliebe für das Forschen hat, möchte nicht glauben, dass dieser Ort wirklich nichts zu bieten hat und verbringt seine Nachmittage damit, durch die Gegend zu streifen. Dabei trifft er auf einen Zaun, dem er gespannt folgt …

Dieses Buch hat mich umgehauen. Es ist wirklich unglaublich packend und ich habe es in einer Tour an einem Nachmittag durchgelesen, weil ich einfach nicht aufhören konnte. Es ist eine Mischung aus Freundschaft und Hass, Freude und Trauer, Verzweiflung und Hoffnung. All diese Gefühle sieht man als Leser durch die Augen des neunjährigen Jungen, der wunderbar naiv und ahnungslos ist und dessen einziger Wunsch ist, einen Freund zu haben – und auch den ganzen Tag in einem gestreiften Pyjama herumlaufen zu dürfen. Normalerweise hätte ich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und an einigen Stellen gesagt, das ist unmöglich, so wenig zu merken oder zu wissen, aber dieser Gedanke kam nicht, denn als kleiner neunjähriger Junge ist es nun mal so, dass du dir einen Freund in der endlosen Einöde wünschst. Obwohl ich von der Geschichte sehr lange getroffen war und wirklich lange darüber nachdenken musste (und es auch jetzt, vier Wochen später noch tue), ist sie eine meiner Lieblingsgeschichten. Und zwar, weil es um bedingungslose Freundschaft und Unterstützung geht, um den Drang von Kindern, Neues zu entdecken und Spaß zu haben.

Ich finde, „Der Junge im gestreiften Pyjama“ ist ein unglaublich wichtiges Buch. Viele Jugendliche lesen es als Schullektüre, ich damals nicht, aber ich hätte es sehr gut gefunden. Und wer es nicht schon in der Schule gelesen hat, dem empfehle ich es ausnahmslos.

Lena

Und an alle die, die es schon gelesen haben, hat euch das Ende überrascht? Oder habt ihr das vermutet? (Nicht spoilern bitte für die Noch-Leser!)

Wenn du dich traust (Kira Gembri, Juni 2015, Arena-Verlag)

Wenn du dich traust (Kira Gembri, Juni 2015, Arena-Verlag)

„Wem mache ich hier eigentlich was vor – es waren exakt dreizehn Mal.“ (Lea in „Wenn du dich traust“)

Bei Lea hat alles eine exakte Zahl. Ihre Schritte zwischen ihrem Bett und dem Bad, die Erbsen und Kartoffeln auf ihrem Teller, die Bilder an der Wand, die Steckdosen in der Wohnung und die Blätter des Gummibaums. Sie leidet unter einem zwanghaften Ordnungsdrang und in ihrem Alltag begleiten sie immer Stift und Notizbuch, wo sie alles, und wirklich alles, notieren kann. Das komplette Gegenteil ist Jay, der das Chaos lebt, auf jeder Party der Größte ist und von festen Beziehungen rein gar nichts hält. Unvorstellbar, dass diese beiden so grundverschiedenen Menschen auch nur irgendwie miteinander auskommen können, ohne dass es kracht. Allerdings hat Jay ein Problem – und Lea hat ein Problem. Und die scheinbar einzige Lösung ist eine WG … 3 Jungs der unordentlichsten Sorte, und Lea mittendrin.

Die Geschichte der beiden wird im Wechsel aus Leas und aus Jays Perspektive erzählt. Dadurch bekommt man zunächst einmal einen Einblick in Leas Leben, in dem sie zutiefst unglücklich ist, zum einen, weil sie mit ihren Zwängen leben muss und zum anderen, weil ihre Familie sie keineswegs versteht. Und dann lernt man aber auch Jay kennen, der seine Sozialstunden in der Psychiatrie ableisten muss und feststeckt zwischen den Fehlern seines Vaters und dem Leben, das er selbst gerne führen würde …

Ich fand das Buch sehr spannend und beeindruckend zu lesen, denn gerade Lea hat mir sehr viel gezeigt. Durch sie habe ich verstanden, dass die Sätze „Ah ja, das kenne ich auch“ Oder „Oh ja, ich verstehe was du meinst“ zwar tröstend gemeint sein können, aber in manchen Fällen das genaue Gegenteil anrichten und eine Situation für die betroffene Person nur noch schlimmer machen. Denn zwanghaftes Verhalten kann man nicht nachvollziehen, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Aber auch Jay hat mich etwas gelehrt. Er ist ein Junge, der die Bürde seines Vaters mit sich herumträgt und trotz eigener Geldsorgen und einer Existenznotlage monatlich Geld an seine Mutter schickt. Er ist ein Junge, der ihm verhasste Sozialstunden ableistet und im Nachhinein trotzdem noch versucht, die Schuld seines Vaters zu begleichen. Und er ist ein Junge, der ein Auge für’s Detail hat. Sei es nun beim Fotografieren oder im Umgang mit Menschen, die ihm wichtig sind.

Ich kann wirklich nur sagen: Ein toller Roman! Ich habe ihn durchgerattert und wollte gar nicht mehr aufhören zu lesen. Zudem ist er zwischendurch echt lustig, Kira Gembri schreibt auch hier wieder mit viel Humor. Ich kann euch diesen Roman also allen nur empfehlen, eine sehr leichte, aber unterhaltsame und gleichzeitig tiefgehende Lektüre!

Lena

Kennt ihr Menschen, die ein zwanghaftes Verhalten an den Tag legen? Und wie geht ihr damit um?

Weitere Bücher von Kira Gembri: Wovon du träumst (Kira Gembri; 2017 – Arena-Verlag)

Wenn Liebe eine Farbe hätte (Leonie Lastella, September 2020, dtv-Verlag)

Wenn Liebe eine Farbe hätte (Leonie Lastella, September 2020, dtv-Verlag)

„Manchmal kommt es nicht darauf an, was wir sagen, sondern was wir bereit sind, zu tun.“

Bevor David sich urplötzlich von Everly trennte, waren die beiden seit Jahren das perfekte Paar. Sie liebten sich und allen war klar, dass diese beiden jungen Erwachsenen später in einem Einfamilienhaus mit Kindern und einem weißen Gartenzaun leben würden. Tja, getäuscht. Everly, die in ihrer Unsicherheit, was sie darüber denken soll, niemanden hat, an den sie sich wenden kann oder möchte, braucht nun unbedingt einen Job und einen neuen Mitbewohner, damit sie die Wohnung behalten kann, die ihr unheimlich viel bedeutet. Ihre scheinbar einzige Chance ist es, eine Stelle im „Beach-Café“ anzunehmen, da sie irgendwie ihren ziemlich vollen Alltag managen muss und sie so flexibel bleibt. Allerdings gibt es auch einen dicken Haken, der Weston heißt, Everlys ehemaliger Mitschüler ist, dem sie den aufregendsten Kuss ihres Lebens zu verdanken hat und der leider ebenfalls in besagtem Café arbeitet. So weit so gut, sie arrangieren sich, bis Weston plötzlich aus seiner Wohnung geworfen wird und ihm eigentlich nur eine undenkbare Möglichkeit bleibt: Bei Everly einziehen …

Dieser Roman hat mir unglaublich gut gefallen und war eine wunderbare Ferienlektüre! Leonie Lastella hat viel Humor, Ernsthaftigkeit, Freude, Angst, Liebe und Wut im Gepäck. Es ist unheimlich mitreißend, Everly dabei zu begleiten, ihr bisher so geordnetes Leben, das völlig aus der Bahn geraten ist, langsam wieder aufzubauen und auch Weston verbirgt etwas, wovon er selbst noch erfahren muss, was es eigentlich ist. Aber hängt dieser Punkt eventuell mit der Tatsache zusammen, dass er schlichtweg nicht in der Lage zu sein scheint, zu lieben? Liebe ist für ihn ein Luftschloss, in dem langweile Paare wie Everly und David verrotten, aber ist das wirklich so? Daneben lernt man auch als Leser zusammen mit Everly in diesem Roman viel über Freundschaft, Geduld, Kompromisse und das Leben.

Man könnte meinen, dass dieser Roman ein weiter von einer Reihe schnulziger Liebesgeschichten ist, aber vergessen wir nicht, dass Weston nicht an Liebe glaubt. 😉 Es war das erste Buch, das ich von Leonie Lastella gelesen habe, aber ich freue mich schon, wenn ich die Zeit finde, mir auch die anderen Romane zu vorzunehmen, es ist echt eine Bereicherung! Vor allem, wenn es plötzlich nicht mehr heißt: „Wenn das Leben dir Zitronen schenkt, dann mach Limonade draus.“, sondern die Aufforderung auf einmal lautet: „Wenn das Leben dir Zitronen schenkt, besorg Tequila und Salz.“ Vielleicht bin hier ja nicht die einzige, die dabei an ein paar Freunde denken muss und ein Grinsen im Gesicht hat. 😉

Insgesamt kann ich nur sagen, dass es ein echt süßer Roman ist, ich definitiv Lust auf mehr habe und euch dieses Buch wärmstens ans Herz lege, wenn ihr Lust auf eine leichte Lektüre mit ein wenig Herzschmerz, aber auch Tiefsinn habt.

Lena

Muss eine Beziehung eurer Meinung nach perfekt sein? Und wie hättet ihr an der Stelle von Everlys Oma gehandelt? …