Das geheime Lächeln (Bettina Storks; 2018; Diana-Verlag)

Das geheime Lächeln (Bettina Storks; 2018; Diana-Verlag)

„Verdrängtes ist nicht verschwunden.“ (Emilia in „Das geheime Lächeln“)

Die Journalistin Emilia Lukin und ihr Mann Vladi leben zusammen in Baden-Baden und machen gerade eine etwas schwierige Zeit durch. Beim Arbeiten stößt sie durch Zufall auf ein Gemälde einer Frau, die ihr zum Verwechseln ähnlich sieht. Sie schließt daraus, dass es sich um ihre Großmutter Sophie handeln muss, über die niemand in der Familie spricht, am allerwenigsten ihre Mutter Pauline. Diese gedankliche Ablenkung kommt ihr sehr gelegen und kurzentschlossen fährt Emilia zu der angekündigten Auktion und ersteht das Bild ihrer Großmutter, deren Geschichte sie aber auch dann nicht in Ruhe lässt. Was hat es mit dieser Frau auf sich, um die in ihrer Familie so ein großes Geheimnis gemacht wird und die lange Zeit ihres Lebens in Paris verbracht hat?

Um mehr über diese ominöse Frau herauszufinden, folgt Emilia ihren Spuren in die Provence und nach Paris, wo sie unter anderem auf Jean-Pierre Roche trifft, der ihre Großmutter gekannt zu haben scheint. Stück für Stück lüftet Emilia so das Geheimnis um ihre Großmutter, wobei sie allerdings mehrfach auf eine harte emotionale Probe gestellt wird. Denn das Leben in Paris im Zweiten Weltkrieg war kein Zuckerschlecken und alle, die dies erlebt haben sind ein Leben lang geprägt davon …

Der Roman, der die Geschichte einer Frau, die aus den Kreisen ihrer Familie verstoßen wurde, erzählt, ist unheimlich realitätsgetreu geschrieben. So erreichte der Duft des Lavendels in „La Lumière“ meine Nase, sowie ich auch mit Sophie durch die Linse ihrer Kamera auf das Paris in den späten Dreißiger Jahren blicken konnte. Die Handlung spielt einerseits in der Gegenwart, andererseits begleitet der Leser unter anderem Sophie aber auch in der Vergangenheit. Der Roman wird im Wechsel aus Emilias, Sophies und Jean-Pierres Sicht erzählt, wodurch sich Stück für Stück die Geschichte um die leidenschaftliche und künstlerische Sophie spinnt.

Mir hat der Roman unheimlich gut gefallen und wieder einmal konnte mich Bettina Storks absolut in ihren Bann ziehen. Wie auch schon bei „Leas Spuren“ stand ich Seite an Seite mit den Protagonisten und es tat mir richtig im Herzen weh, sie am Ende gehen zu lassen.

Auf den Leser warten sowohl Freundschaft, Liebe und Vertrauen, als auch Verachtung, Misstrauen, Ängste und Wut. Und gleichzeitig lernt man „nebenbei“ unheimlich viel über Frankreich zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges und über die Probleme, die Frauen zum Teil hatten.

Mir hat die Mischung aus den historischen Aspekten und den Teilen, die das Leben von zwei Frauen einer Familie, die jede auf ihrer Art für ihre Familie kämpft, beschreiben, sehr gut gefallen, da der Roman somit fesselnd und ergreifend war. Ein absolutes Muss für alle Gefühlsliebhaber!!

Lena

Hättet ihr euch Pauline gegenüber auch so verhalten, wie Sophie es getan hat? Und hättet ihr euch auch manchmal einen Jean-Pierre gewünscht, der euch Lebensweisheiten mitgibt, sowie Emilia sie bekommen hat? Welche hat euch am besten gefallen? Schreibt es in die Kommentare! 😊

Die Bilder der Frauen (Natasha Lester, 2020 – Aufbau Verlag GmbH)

Die Bilder der Frauen (Natasha Lester, 2020 – Aufbau Verlag GmbH)

Stellt euch vor, euch wird von eurem Freund und Lebenspartner euer ganzer Lebensinhalt genommen und eure einzige Chance, einen Neuanfang zu starten, ist in den Krieg zu ziehen – als Frau wohlgemerkt …

1942, Frankreich. Das ist die Geschichte von Jessica May, die jahrelang in New York als Model arbeitete. Doch als ihr Freund ihre Fotos gegen ihren Willen an eine Zeitung mit schlechterem Ruf verkauft, wird sie nicht länger als Model für die Vogue akzeptiert. Durch einige Zufälle kommt es dazu, dass sie die Möglichkeit bekommt, als Fotoreporterin nach Europa in den zweiten Weltkrieg zu ziehen.

Dort angekommen muss sie allerdings erfahren, dass eine Frau keinen Platz an der Front hat und es dauert lange, bis sie mit Hilfe von der Journalistin Martha Gellhorn und dem Offizier Dan Hallworth Zugang zur Front und somit zu den bedeutenden Geschichten hat. Zwischen all den prägenden Eindrücken, die Jess in Europa bekommt, verliebt sie sich in den Offizier Hallworth. Zudem gibt es ein kleines Waisenmädchen, Victorine, welches irgendwie an Dan gebunden ist, aber definitiv nicht mitten in den Krieg gehört … Doch dann passieren Dinge, durch die Jess und Dan getrennt werden – kann ihre Liebe eine zweite Chance bekommen?

2004, wieder in Frankreich. Die Australierin D’Arcy Hallworth ist in Frankreich um als Arthandlerin einige Kriegsfotografien des Photographers in eine australische Ausstellung zu bringen. Der Photographer ist ein Künstler – oder eine Künstlerin? Jedenfalls geht es um eine Sammlung einzigartiger Kriegsfotografien, bei denen D’Arcy schon bald verblüffende Ähnlichkeiten zu ihrer Mutter feststellt. Doch was könnten diese Bilder mit ihrer Mutter zu tun haben? Zusammen mit Josh versucht sie nicht nur dieses Geheimnis zu lösen, denn bei der Arbeit müssen sie sich auch noch ihren Gefühlen füreinander stellen …

Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich war zutiefst beeindruckt von der Intensität mit der Natasha Lester all die Bilder beschrieben hat. Und damit meine ich nicht nur die Fotografien, vor denen D’Arcy steht, sondern auch die Bilder, die Jess sieht. Vor nichts bleibt sie verschont und nicht nur einmal musste ich das Buch weglegen, um durchzuatmen und zu realisieren, was für Grausamkeiten ich da lese. Aber ich bin beeindruckt! Der Roman ist informativ, fesselnd, spannend, lustig (denn die besten Menschen sind doch die, die immer einen Funken Lebensfreude in sich haben) und hoch emotional. In meinen Augen sind die Geschichten von Jess und D’Arcy ideal miteinander verknüpft und sie laufen Hand in Hand.

Ich empfehle diesen Roman allen Lesern, die zum Beispiel Leas Spuren und Eine Nacht im November gelesen haben. Grundsätzlich hat dieses Buch eine Geschichte, die alle die ansprechen wird, die sich für den Krieg, die Kunst und / oder die Liebe interessieren.

Lena

Wann konntet ihr euch denken, wie die Geschichte von Victorine weitergegangen ist? Und hättet ihr gedacht, dass Dan Hallworth nochmal auftaucht und die Geschichte dann so ein Ende findet? Schreibt es in die Kommentare! 😊

Alles Licht, das wir nicht sehen (Anthony Doerr; 2014 – C.H.Beck oHG, München-Verlag)

Alles Licht, das wir nicht sehen (Anthony Doerr; 2014 – C.H.Beck oHG, München-Verlag)

2. Weltkrieg – kann man das Schicksal eines Menschen mit dem eines anderen Menschen vergleichen? Ein blindes, französisches Mädchen, das mit ihrem Vater aus dem besetzten Paris nach Saint-Malo fliehen muss und ein deutscher Junge ohne Eltern, der zur Wehrmacht geschickt wird. Marie-Laure und Werner leben zwei völlig verschiedene Leben, und doch laufen ihrer Schicksale aufeinander zu …

Die blinde Marie-Laure wächst in Paris auf, wo sie mit ihrem Vater ein schönes Leben führt. Jeden Tag begleitet sie ihn ins „Muséum national d’Histoire naturelle“, wo er als Wächter der Schlüssel arbeitet und sie ihre Zeit damit verbringt, durch das Museum zu streifen, ihre geliebten Jules Verne-Romane zu lesen oder sich von einem Weichtierexperten die verschiedenen Schneckenarten erklären zu lassen. Als Paris von den Nationalsozialisten besetzt wird, fliehen sie zu ihrem Großonkel Étienne nach Saint-Malo, wo Marie-Laure nicht mehr auf die Straße, geschweige denn zum Meer gehen darf. Als ihr Vater in Gefangenschaft kommt, ihre liebgewonnene Haushälterin, die sie gegen den Willen ihres Vaters und Onkels mit an den Strand genommen und eine geheime Widerstandsgruppe organisiert hat, stirbt und auch ihr Onkel festgenommen wird, denkt sie darüber nach, ob an der Geschichte um den Diamanten, den ihr Vater ihr hinterließ, nicht vielleicht doch etwas dran ist …

Werner, der mit seiner Schwester Jutta, aber ohne Eltern in einem Waisenhaus bei der Zeche Zollverein aufwächst, liebt die Mechanik und Elektronik. In seiner Freizeit baut und repariert der hochintelligente Junge Radios der Bevölkerung der Stadt. Seine jüngere Schwester liebt er über alles. Zusammen verbringen sie ihre Nächte heimlich vor dem Lautsprecher des Radios und lauschen allen möglichen Sendern, aber vor allem faszinieren sie die Geschichten eines Franzosen, der die Welt für Kinder erklärt. Als Werner gerade ein Teenager ist, wird er aufgrund seiner Begabung in einer Nationalpolitischen Erziehungsanstalt aufgenommen. Mit Hunderten anderen Jungen wird er auf den Krieg vorbereitet und schließlich sehr jung als Fernmeldetechniker genau dort hingeschickt …

Im August 1944 ist Werner in Saint-Malo stationiert. Er wird bei einem der schlimmsten alliierten Bombenangriffe verschüttet und fängt Marie-Laures Stimme durch sein Funkgerät ein, die eigentlich ihren Onkel über dessen selbstgebautes Funkgerät erreichen will. Dies gibt ihm neue Kraft und er kämpft sich zu Marie-Laure durch, wo er, bevor er auf Marie-Laure trifft aber noch einem Diamantenjäger begegnet, der es auf die Französin und ihren Stein abgesehen hat …

Anthony Doerr erzählt in seinem Roman die Geschichte zweier Jugendlicher, die zwei ganz verschiedene Schicksale haben und verfeindet sein sollten, und die doch so viel verbindet. Immer abwechselnd beschreibt er das Leben von Marie-Laure und Werner, mal im Kindesalter, mal als Teenager. Dadurch, dass er durch die Zeit springt, werden Zusammenhänge in der Geschichte klar und der Leser kann erkennen, wie zwei Schicksale sich miteinander verweben und aufeinander auswirken können.

Mich hat an dem Roman besonders fasziniert, wie real die zwei Leben beschrieben wurden. Zeitweise hatte ich das Gefühl mit Werner Radios zu reparieren oder mit ihm durch den Schnee zu rennen, und dann saß ich wieder bei Marie-Laure, wenn sie mit Jules Verne durch die Welt gereist ist und mit ihren Schnecken gesprochen hat. Nach jedem Kapitelende war es eine Qual für mich, von der einen Geschichte in die andere zu springen, weil ich wissen wollte, wie es mit Werner bzw. Marie-Laure weitergeht.

Ich kann diesen Roman allen Lesern empfehlen, die sich für den zweiten Weltkrieg interessieren. Es ist zwar eine fiktive Geschichte, aber dennoch werden zwei Schicksale beschrieben, die sich fast so hätten ereignen können, wodurch sich das Buch leicht lesen lässt. Es kann also auch gut sein, dass dies ein guter Einstieg für junge Leser ist, die gerade erst anfangen, sich mit dem 20. Jahrhundert zu beschäftigen.

Lena

Gab es eine Person, in die ihr euch besser hineinversetzen konntet als in die andere? Und fandet ihr es auch faszinierend, was die kleine Jutta im Gegensatz zu ihrem Bruder schon alles verstanden und hinterfragt hat? Schreibt es in die Kommentare! 🙂